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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

Vereine reicht die von ihnen abzuschliessenden Verträge zur Prüfung oder Genehmigung besonderen Vertragskommissionen ein, die meist als Organe der Ärztekammern oder im Anschluss an diese errichtet sind. Das Inkrafttreten der Reichsversicherungsordnung veranlasste die Gründung von kassenärztlichen Vertragsvereinen fast in allen Teilen Deutschlands. Durch das Abkommen vom 23. XII. 13 kommen in allen Bezirken neu hinzu Arztregister und Vertragsausschuss.

Unterstützungswesen und Pensionskassen. Sehr vielgestaltig ist das ausgedehnte Versicherungs- und Unterstützungswesen der deutschen Ärzte, dessen Besonderheiten im einzelnen vielfach durch die historische Entwicklung begründet sind. Abgesehen von kleineren Unterstützungskassen vieler Standesvereine kommen vor allem in Betracht: die „Versicherungskasse deutscher Ärzte“ mit dem Sitz in Berlin, eine selbständige Einrichtung nach Art der grossen allgemeinen Versicherungsgesellschaften, aber mit im wesentlichen ehrenamtlicher Verwaltung und einem grösstenteils aus Stiftungen und Legaten herrührenden Reservefonds. Sie schliesst mit Ärzten Lebens-, Invaliden-, Witwen-, Waisen- etc. Versicherungen zu verhältnismässig niedrigen Prämien ab. Vielfach bestehen ausserdem zwischen grossen Ärztevereinen und Versicherungsgesellschaften Vorzugsverträge über Lebens-, Unfall-, Haftpflichtversicherung. In einzelnen Bundesstaaten (Sachsen, Bayern) bestehen z. T. schon sehr alte ärztliche Pensions- und Witwenkassen, auf ein Alter von fast 100 Jahren blickt die Hufelandstiftung zurück, ferner ermöglichte das gesetzlich festgelegte Umlagerecht der preussischen Ärztekammern diesen für jede Provinz die Errichtung einer Unterstützungskasse für bedürftige Arzte, Arztwitwen und -Waisen. (Die Unterstützungskasse der Ärztekammer Berlin-Brandenburg hat einen Jahresetat von rund 60 000 M.) Bei der Berlin-Brandenburger Ärztekammer besteht ausserdem eine Darlehnskasse, ferner besteht eine besondere Organisation über ganz Deutschland zur Arbeitsvermittlung für Arztwitwen und -Waisen.

Ärztliches Zeitschriftenwesen. Die Zahl der ärztlichen Zeitschriften geht in die hunderte. Fast für jede wissenschaftliche Spezialität gibt es eine oder mehrere Zeitschriften, Archive, Monats-, Vierteljahrs-, Jahresberichte etc. Eine Anzahl von Wochenschriften, die z. T. in einer Stärke von mehreren tausend Seiten im Jahre erscheinen, behandeln das Gesamtgebiet der Medizin für den praktischen Arzt. Speziell für die Standesangelegenheiten gibt der Deutsche Ärztevereinsbund das wöchentlich erscheinende „Ärztliche Vereinsblatt“ heraus, auf das die angeschlossenen Vereine für jedes ihrer Mitglieder abonnieren müssen; der Leipziger Verband stellt wöchentlich seinen Mitgliedern die „Ärztlichen Mitteilungen“ zu, ausserdem besitzen die Standesvereine in den meisten Bundesstaaten, Provinzen und einzelnen Grossstädten eigene Korrespondenzblätter.

Ein grosser Teil der Redaktionen ärztlicher Zeitschriften gehört zur „Vereinigung der Deutschen Medizinischen Fachpresse“. Diese stellt einheitliche Grundsätze auf für die Aufnahme von Polemiken und dergl., über Nachdruck und Sonderabdrucke, übt eine Kontrolle über etwaige Reklameaufsätze, kontrolliert den Inseratenteil zur Fernhaltung von Kurpfuscheranzeigen und falschen Deklarationen von Heilmitteln und dergl., entsendet gemeinsame Referenten auf Kongresse. Ähnliche, aber meist weniger straff organisierte Vereinigungen gibt es in den meisten Kulturstaaten, alle zusammen bilden die „Internationale Vereinigung der medizinischen Fachpresse“ (Sitz Paris), die ihrerseits den gegenseitigen Austausch der Zeitschriften, die Berichterstattung auf grossen internationalen Kongressen etc. regelt, einheitliche Nomenklatur, einheitliche Abkürzungen beim Zitieren etc. vorbereitet.



Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/112&oldid=- (Version vom 16.12.2023)