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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

Teil dem andern stets zu erstatten. Für nichtprozessuale Tätigkeit sind durch Landesgesetze (in Preussen unterm 21. März 1910) die Gebühren festgelegt.

1871 wurde auf einem Anwaltstage zu Bamberg der Deutsche Anwaltverein gegründet, der sich seit 1872 in der Juristischen Wochenschrift ein eigenes Organ geschaffen hat, das an Umfang fortwährend zunimmt. In neuester Zeit ist er besonders mächtig hervorgetreten in den Kämpfen um die Zivilprozess-Novelle von 1909, auf deren Gestaltung er bedeutenden Einfluss ausgeübt hat. Er zählte am 1. Januar 1912 8966 Mitglieder, den weitaus grössten Teil aller deutschen Rechtsanwälte. Von ihm ging die Gründung der Hülfskasse für Deutsche Rechtsanwälte aus, welche aus Jahresbeiträgen ein Kapital von 500 000 Mark für eine Ruhegehalts-, Witwen- und Waisenkasse aufgesammelt, inzwischen aber Hülfsbedürftige sehr kräftig (zur Zeit mit weit über 100 000 M. jährlich) unterstützt hat und doch noch über ein Kapital von weit über 1 Million verfügt. Die Ruhegehalts-, Witwen- und Waisenkasse ihrerseits, Mitte 1909 mit 700 Mitgliedern ins Leben getreten, zählte Anfang 1914 bereits 1030 Mitglieder. Alle diese Anstalten haben ihren Sitz in Leipzig. Seit 1910 besteht in Düsseldorf auch eine Sterbekasse und neuestens auch ein Erholungsstätten-Verein der Rechtsanwälte.

Unabhängig vom Anwaltverein gibt Soldan-Mainz eine Deutsche Rechtsanwalts-Zeitung heraus und leitet den Wirtschaftlichen Verband deutscher Rechtsanwälte mit einer Zentral-Buchhandlung für Rechtsanwälte. In neuester Zeit hat sich ein Verein der Amtsgerichts-Anwälte (der nur an den Amtsgerichten zugelassenen, des Anwaltszwanges entbehrenden Rechtsanwälte) gebildet, der „Mitteilungen“ herausgibt. Zu internationaler Zusammenfassung der Advokatur werden neuerdings Versuche gemacht; bisher besteht nur ein in Wien residierender Verband zur Namhaftmachung ausländischer Advokaten.

Die Zahl der Rechtsanwälte ist seit der Freigabe, die am 1. Oktober 1879 in Kraft trat, gewaltig gewachsen.

Im ganzen Reiche betrug
im Jahre die Zahl der Rechtsanwälte
1880 4143
1886 4794
1889 5249
1892 5535
1895 5985
1898 6642
1900 6992
1902 7262
1904 7852
1907 8583
1909 10064
1911 10800
1913 11546

Seit 1880 hat die Zahl der Rechtsanwälte um 160, die Bevölkerung des Reichs nur um 51 Prozent (von 43 auf 65 Millionen) zugenommen. 1880 kamen auf einen Rechtsanwalt 10 314 Seelen, 1911 nur noch 6018. Noch viel stärker ist die Zunahme, wenn man die Grossstädte allein betrachtet. Am allerstärksten in Berlin.

Es waren zugelassen am Berliner Stadtgerichte am 30. September 1879 78 Rechtsanwälte, an dem an dessen Stelle getretenen Landgerichte I am 22. November 1879 111. Diese Zahl stieg

im Jahre 1881 auf 144       im Jahre 1894 auf 528
1883 200 1896 547
1885 273 1898 577
1887 332 1900 586
1890 408 1902 614
1892 473 1904 634
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/116&oldid=- (Version vom 17.11.2021)