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Jahre ihre Kinder nach auswärts zu geben. Auch in Dörfern und auf allein gelegenen Gütern können die Kinder länger daheim bleiben, da die Möglichkeit, Französisch unterrichten zu lassen, näher liegt, weil die Mütter oder Erzieherinnen eher zur Verfügung stehen als lateinkundige Lehrer. Kurz die sozialen und finanziellen Vorteile, welche diese Schulen vor den Schulen alten Systems voraus haben, sind so gross, dass demgegenüber schultechnische oder didaktische Bedenken, wenn diese überhaupt stichhaltig sind, zurücktreten müssen. Der Vorteil allein, dass die Muttersprache in den neuen Schulen mehr zu ihrem Rechte kommt und dass die Kinder länger im Elternhause erzogen werden können, ist von solcher Bedeutung, dass man deshalb schon eine Entwicklung unseres höheren Schulwesens in der Richtung nach Einheitlichkeit im Unterbau und möglichst auch im Mittelbau wünschen muss. Und je einheitlicher und fester die Grundlagen sind, um so mehr wird man in den Oberklassen der Bewegungsfreiheit Spielraum lassen und der individuellen Ausbildung der einzelnen Schüler Berücksichtigung schenken können.





80. Abschnitt.


a) Hochschulfragen im allgemeinen.
Von
Dr. Theobald Ziegler,
o. Professor an der Universität Strassburg.


Literatur:

Denifle, Die Entstehung der Universitäten des Mittelalters bis 1400. 1885.–
Ewald Horn, „Akademische Freiheit“. 1905. –
Georg Kaufmann, Die Geschichte der deutschen Universitäten. Bd. 1, 1888; Bd. 2, 1896. –
Georg Kaufmann, Universität Breslau. Festschrift zur Feier des 100j. Bestehens. 2 Bd. 1911. –
Max Lenz, Geschichte der Universität Berlin. 4 Bd. 1910. –
Fr. Paulsen. Die deutschen Universitäten und das Universitätsstudium. 1902. –
Wilh. Schrader, Geschichte der Friedrichs-Universität zu Halle. 2 Bd 1894. –
Fr. Schulze und P. Ssymank, Das deutsche Studententum von den ersten Zeiten bis zur Gegenwart. 1910. –
C. Varrentrapp, Joh. Schulze und das höhere preussische Unterrichtswesen. 1889. –
Wilhelm Wundt, Die Leipziger Hochschule im Wandel der Jahrhunderte. (Reden und Aufsätze 1913). –
Theobald Ziegler, Geschichte der Pädagogik. 3. Aufl. 1909. –
Theobald Ziegler, Der deutsche Student. 11. und 12. Aufl. 1912.–
Theobald Ziegler, Über Universitäten und Universitätsstudium. 1913.

Die Universitäten sind im Mittelalter entstanden. Das Pariser Studium generale ist das Muster gewesen auch für die ältesten deutschen Universitäten. Sie standen unter weltlicher und geistlicher Oberhoheit zugleich, waren aber selbständig sich verwaltende Körperschaften mit eigener Gerichtsbarkeit und selbstgewählten Rektoren. Der Name universitas magistrorum et scolarium bezeichnet die Korporation als die Gesamtheit der Dozenten und Studenten, während daraus erst später die universitas literarum als Zusammenfassung des ganzen wissenschaftlichen Lehrbetriebs geworden ist. Die Wissenschaft, die auf den mittelalterlichen Hochschulen getrieben und tradiert wurde, war die Scholastik, die in ihrer Blütezeit nichts Verknöchertes und Pedantisches, nichts Totes und Unfruchtbares an sich hatte, sondern voll reichen bewegten Lebens, voll geistreicher Lehrer und lustiger Scholaren, voll schriftlicher und mündlicher Produktion, voll frischer fröhlicher Kämpfe sich uns darstellt. Nur freilich eine freie Wissenschaft war sie nicht; das Damoklesschwert des kirchlichen Bannes, der Exkommunikation, schwebte über ihr; was sie zu lehren und als wahr zu erweisen hatte, das stand als kirchliches Dogma zum voraus fest. Nicht zum wenigsten durch diesen inneren Widerspruch war gegen Ende des 15. Jahrhunderts die scholastische Wissenschaft alt und

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/147&oldid=- (Version vom 21.11.2021)