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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

Zur Befriedigung ist das Studium nach drei Richtungen hin zu ergänzen:

a) Es ist eine allgemeine Rechts- und Verwaltungskunde zu geben (und im Vorexamen zu prüfen); ausserdem sind (nach dem Vorexamen) die Rechts- und Verwaltungsfragen, die für die verschiedenen Arten von Ingenieuren von besonderer Bedeutung sind, in jeder Abteilung eingehender zu behandeln (und im Hauptexamen zu prüfen). Für Bauingenieure kommen z. B. in Betracht: Arbeiter-Fürsorge, Unfallverhütung, Wasserrecht, Fluchtliniengesetz, Verkehrsrecht (Eisenbahngesetze), Enteignung, Planfeststellungsverfahren u. a.[1]

b) Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Erörterung des rein Technischen ist jedesmal die technisch-wirtschaftliche Seite zu behandeln. Der Ingenieur hat fast nie das konstruktive Beste, sondern das wirtschaftlich Richtige zu leisten; er hat das Grundgesetz der Wirtschaftlichkeit zu erfüllen: mit dem kleinsten Aufwand von Mitteln ist nicht das nach theoretischen Gesichtspunkten Beste, sondern das den Zweck Erfüllende zu schaffen. Lässt sich die Erziehung zum richtigen wirtschaftlichen Durchdringen der technischen Aufgaben nur im Zusammenhang mit dem Konstruktiven bewirken, so muss dies noch ergänzt werden durch Vorträge über Selbstkostenermittlung, Finanzierung, Bilanzen, Fabrikbuchhaltung usw. und sollte noch vertieft werden durch Übungsaufgaben (z. B. aus dem Gebiet der Rentabilitätsberechnungen).

c) Die dritte Gruppe umfasst die eigentliche Volkswirtschaftslehre, von der die Grundlagen und die für den Techniker besonders wichtigen Gebiete eingehend behandelt und zu Prüfungsgegenständen gemacht werden müssen. Es lässt sich dabei nicht vermeiden, für die verschiedenen Abteilungen teilweise getrennte Vorträge und Übungen einzurichten, denn die Anforderungen sind zu verschieden.

Die hier in grösster Kürze angedeuteten Wünsche sind zum Teil schon erfüllt. An allen Hochschulen sind Professuren (oder Dozenturen) für Rechtskunde und für Volkswirtschaftslehre vorhanden, und die rührige Arbeit der Nationalökonomen ist besonders hoch anzuerkennen. Man darf erwarten, dass die jetzt heranwachsende Ingenieur-Generation den wirtschaftlichen Fragen usw. mit grossem Verständnis gegenüberstehen wird, denn allenthalben zeigt sich bei den Studierenden Lust und Liebe für diese Gebiete. Das wird nicht nur den technischen Betrieben (seien es staatliche, kommunale oder private), sondern auch der allgemeinen Staatsverwaltung zugute kommen, sobald einmal mit gewissen Vorurteilen aufgeräumt sein wird. Von der Pflege der wirtschaftlichen Fächer an den Technischen Hochschulen darf man sich auch eine Befruchtung für die nationalökonomische Wissenschaft versprechen.

d) Um die fortwährend entstehenden neuen technischen Aufgaben und Erweiterungen der alten so decken zu können, dass ihr Studium und ihre Weiterbildung möglich ist, ohne damit den Durchschnitt der Studierenden zu belasten, ist die Einrichtung einer grossem Zahl von Fachprofessuren nötig, die sich an verschiedenen Hochschulen ergänzen und an der einzelnen je nach den verfügbaren Lehrkräften wechseln können, ohne dass der entsprechende Stoff anders als wahlweise in die Prüfungen aufgenommen wird.




  1. Ein Teil dieser Gebiete, besonders die zuletzt genannten, werden zweckmässigerweise nicht von einem Juristen, sondern von einem Fachprofessor (Eisenbahnprofessor) vorzutragen sein, weil sie sich vom Trassieren kaum trennen lassen.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/172&oldid=- (Version vom 22.11.2021)