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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

Geltung der G.O.) und die Seemannsordnung vom 2. Juni 1902. Was den Kreis der geschützten Personen anlangt, so fallen in den Bereich der G.O. alle „gewerblichen Arbeiter“ (Titel VII, Strafbestimmungen in Tit. X), insbesondere die Gesellen, Gehilfen, Lehrlinge, Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker und Fabrikarbeiter. Nicht hierher gehören also namentlich die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter, das Gesinde und das Eisenbahnpersonal. Auf die Bergarbeiter finden nur die Vorschriften der G.O. über Sonntagsruhe, Truckverbot und Art der Lohnzahlung, Schutz der weiblichen und jugendlichen Arbeiter, Gewerbeaufsicht und Koalitionsrecht auf die Hausgewerbetreibenden diejenigen über Lohnbücher und Arbeitszettel, Truckverbot und Lohneinbehaltung bei Vertragsbruch Anwendung. Sonst gilt für die ersteren Landesrecht, speziell für Preussen das allgemeine Berggesetz vom 24. Juni 1865 mit den Novellen vom 14. Juni 1892 und 14. Juli 1905. Vom Handelsgewerbe gehören hierher nur die in einem Handelsbetriebe in gewerblichen Arbeitsverhältnissen beschäftigten Arbeiter, doch umfassen die Bestimmungen der G.O. über die Sonntagsruhe das ganze Handelsgewerbe. Für die Handlungsgehilfen und Lehrlinge enthält das Handelsgesetzbuch wichtige Schutzbestimmungen (§§ 62, 63, 72–76). Für das Apothekenpersonal gelten die Landesapothekerordnungen. Das Kinderschutzgesetz umfasst jede gewerbliche Beschäftigung von eigenen und fremden Kindern, auch soweit solche, wie in der Heimarbeit, nur innerhalb der Familie stattfindet.

Endlich enthält das am 1. April 1912 in Kraft getretene Hausarbeitgesetz vom 20. Dezember 1911 wichtige Schutzbestimmungen, nämlich:

1. Die Begriffe „Hausarbeiter“ und „Werkstätten“ im Sinne dieses Gesetzes sind genau umschrieben.

2. In allen Räumen, in denen Hausarbeit ausgegeben oder angenommen wird, müssen Lohnverzeichnisse oder -Tafeln aushängen, aus denen die Hausarbeiter sich über deren Entlohnung erschöpfend unterrichten können. Soweit der Lohn im Preise zum Ausdruck kommt, kann diese Pflicht auf die Bekanntgebung der Preise erstreckt werden.

3. Wer Hausarbeit ausgibt, muss deren Empfängern auf seine Kosten Lohnbücher oder Arbeitszettel aushändigen, die Art, Umfang, Lohn oder Preis der Arbeit enthalten.

4. Die Polizeibehörde kann auf Antrag des Gewerbeaufsichtsbeamten für einzelne Betriebe anordnen, was zur Vermeidung unnötiger Zeitversäumnisse der Hausarbeiter bei Empfangnahme oder Ablieferung von Arbeit erforderlich und ausführbar erscheint.

5. Gleicherweise können, soweit in einzelnen Gewerben aus der Art der Beschäftigung sich Gefahren für Leben, Gesundheit, Sittlichkeit der Arbeiter ergeben, Verfügungsmassnahmen nach folgenden Richtungen getroffen werden: a) Entsprechende Einrichtung und Unterhaltung der Werkstätten und Arbeitsmittel, b) Besondere Rücksichtnahme auf Gesundheit und Sittlichkeit der jugendlichen und weiblichen Arbeiter, c) Zulassung besonders gefährlicher Arten von Arbeit nur in ausschliesslich dafür bestimmten Räumen. Bei b) kann über das Kinderschutzgesetz hinausgegangen werden durch Verbot der Beschäftigung eigener oder fremder Kinder schlechthin oder vor Vollendung eines höheren Alters, Regelung der Arbeitszeit für andere Hausarbeiter unter 16 Jahren und Verbot der Arbeit an Sonn- und Festtagen und während des seelsorgerischen Unterrichts.

6. Wo sich, besonders in Nahrungs- und Genussmittelgewerben, Gefahren für die öffentliche Gesundheit ergeben, kann von der Polizei die Art der Einrichtung und Unterhaltung bestimmter Betriebs- und Lagerräume und Arbeitsmittel vorgeschrieben werden, auch wie der Betrieb, um gefahrlos zu sein, zu regeln ist. Soweit nicht Gefahr im Verzuge, ist eine angemessene Ausführungsfrist zu bestimmen. Bei bereits bestehenden Betrieben sind nur zur Beseitigung erheblicher Missstände erforderliche oder verhältnismässig leicht ausführbare Anforderungen zulässig. Das Recht, nähere Bestimmungen zu erlassen, hat der Bundesrat, der sogar die Verrichtung solcher Arbeiten verbieten kann, die mit erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit, Sittlichkeit der Hausarbeiter oder für die öffentliche Gesundheit verbunden sind, nach ihm die Landeszentralbehörde und nach Anhörung beteiligter Gewerbtreibender und Hausarbeiter auch die Polizeibehörde mittelst des Verordnungsweges.

7. Alle Hausarbeitgeber müssen ein Verzeichnis ihrer Hausarbeiter und Zwischenmeister, sowie der Arbeitstätten führen und behördliche Einsicht darin verstatten. Arbeitgeber und Zwischenmeister

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/27&oldid=- (Version vom 5.11.2021)