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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

Nur zur Erklärung des Krieges im Namen des Reichs ist er an die Zustimmung des Bundesrats gebunden, es sei denn, dass ein Angriff auf das Bundesgebiet erfolgt. Auch kann er, wenn die öffentliche Sicherheit bedroht ist, einen Teil des Bundesgebiets (Bayern ausgeschlossen) in Kriegs- (Belagerungs-) zustand erklären.

Die eigentliche Kriegführung ist in allen Fällen ausschliesslich Aufgabe des Kaisers und seiner Befehlsgewalt als Bundesfeldherr. Dagegen braucht er zur Bestreitung der dafür nötigen Ausgaben der Zustimmung des Bundesrats und des Reichstages, die also eine Mitverantwortung für den Krieg übernehmen.

Der Krieg – „ein Element in der von Gott eingesetzten Ordnung“ nach Moltkes Wort, die „Eisenkur der Menschheit“, wie ihn Jean Paul treffend genannt, denn ohne ihn würde die Welt in Fäulnis geraten und sich im Materialismus verlieren –wird heute nur noch für die höchsten idealen Güter, wo es sich um die Ehre und die Existenz des Staats handelt, von Deutschland geführt werden. Obwohl organisierte Gewalt, ist er doch ein Zivilisator und untrennbar mit der Kultur, die weitgehendsten Einfluss auf ihn ausübt, verbunden, ja für Völker, die noch im Anfang der Zivilisation stehen, sogar das Hauptmittel des Fortschritts und ein Vermittler der Kultur. Nur wenn er vom Volkswillen und der allgemeinen Begeisterung getragen wird, kann er Erfolg haben und einen völlig befriedigenden Friedensschluss erzielen. Sein wichtigstes Werkzeug, das Deutsche Volksheer, ist und bleibt das stärkste, ganz Deutschland umschliessende nationale Band. Möge es einst in den Tagen des Sturms von einem vom Glück begünstigten kriegerischen Genius angriffsweise geführt werden! Und seine Siege von einem wirklichen Staatsmann mit höchster politischer Kunst vorbereitet und ausgenutzt werden.

Abgeschlossen im November 1913.





b) Bestand und Mehrung der Kriegsmarine.
Von
Geh. Admiralitätsrat P. Koch, Berlin.


Wenig mehr als sechzig Jahre sind vergangen, seit zum ersten Male nach Jahrhundertelanger Pause ein Hoheitszeichen in deutschen Farben an der Gaffel eines Kriegschiffes gehisst ward, und erst im ersten Jahr des laufenden Jahrhunderts ward der Bestand der deutschen Kriegsflotte auf die feste gesetzmässige Grundlage gestellt, auf der sich nunmehr der Bau der Schiffe und die Ausgestaltung ihrer Organisation vollzieht.

Dieser Tatbestand kann nicht wundernehmen. Die Kleinstaaterei, die bis zum Jahre 1867 die deutsche Landkarte für sich in Anspruch nahm, konnte die Vertretung ihrer geringen Seeinteressen ruhig den wenigen Schiffen der Königlich Preussischen Flotte überlassen, die seit 1850 ihre Flagge in fernen Meeren zeigte, und von 1870 bis 1900 hatte das deutsche Reich mit der Ausgestaltung seines im Kriege mit Frankreich nur in den Grundvesten errichteten Baus so viel zu tun, dass für den Blick auf das Meer hinaus völlig die Zeit fehlte.

Dieses Blickes hatte sich das deutsche Volk in der lange Generationen währenden Beschäftigung mit Religions- und Bürgerkriegen durchaus entwöhnt. Hamburg und Bremen fühlten sich als Vertreter kosmopolitischer Interessen und der Volksgenosse, der über das grosse Wasser ging, blieb für die Heimat in weitaus der grössten Zahl der Fälle verloren. Erst als sich unter

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/315&oldid=- (Version vom 27.12.2021)