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durch die Verschiedenheit der Völkerbestandteile des Doppelstaates besonders schwer; die junge Staatseinheit von Italien und Deutschland ist noch weit entfernt von der Lösung der ihr gestellten nationalen Probleme; in anderer Weise gilt dies ebenso von der jüngsten grossen Weltmacht Japan. Auf Einzelpunkte kann selbstverständlich hier nicht eingegangen werden. Dass die Staatsprobleme der einzelnen Staaten vielfach einen Gegensatz gegen andere Staaten in sich schliessen, der sich nicht unbedingt in den Formeln des „Rechts“ erledigen lässt, wird kein vorsichtiger Beurteiler zu leugnen imstande sein und die Geschichte unserer Zeit predigt diese Wahrheit in fast grauenhafter Weise. Dazu kommen die ungeheuren Probleme, die durch den Gegensatz von Christentum und Islam, durch China – eine Welt für sich –, durch die Kolonisation und Zivilisation von Afrika gestellt sind.

Solange diese ungelösten inneren Staatsaufgaben und die Welt von Gegensätzen der Staaten in grossen Menschheitsaufgaben vorhanden sind, kann der Gedanke, einer „Organisation der Welt“ keine Aussicht auf Erfolg haben. Erst wenn die ungeheure Bewegung der Völker und Staaten über diese Fragen zur Ruhe gekommen sein und einer inneren Konsolidation der für das Leben der Menschheit Mass und Richtung bietenden Staaten und Völker Raum gegeben haben wird, wird mit Aussicht auf Erfolg an eine Organisation der Welt gedacht werden können. Den Zeitpunkt hierfür vermag kein menschliches Denken zu bestimmen. Bis dahin bleibt es in dem Bewusstsein aller Völker der Welt bei dem Gesetze, das Felix Dahn in die schönen Worte gekleidet hat: „Das höchste Gut des Mannes ist sein Volk – das höchste Gut des Volkes ist sein Staat.“



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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/412&oldid=- (Version vom 25.12.2021)