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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

8. Kassenangestellte und Beamte sind nach bisherigem Rechte lediglich auf Grund privatrechtlicher Verträge bei den Kassen angestellt worden. (Vgl. Karl Dahmen, Das Recht der Kassenangestellten 1913.) Das war eine Folge der Selbstverwaltung. Sie ist jetzt, nicht ohne guten Gründe, eingeengt worden (§§ 349ff). Für Angestellte, die nur auf Probe, zu vorübergehender Dienstleistung oder zur Vorbereitung beschäftigt werden, oder die das Amt nebenher oder ohne Entgelt ausüben, gilt die Dienstordnung nur, soweit sie es ausdrücklich vorsieht. Die Pflicht zur Aufstellung einer Dienstordnung besteht darüber hinaus: a) für die von den Krankenkassen besoldeten Angestellten, die nicht staatliche oder gemeindliche Beamte sind, b) die nach Landesrecht deren Rechte und Pflichten haben (§§ 351 Abs. 1, 359). Diese Dienstordnung regelt die Rechts- und die allgemeinen Dienstverhältnisse der Angestellten, insbesondere den Nachweis ihrer fachlichen Befähigung, ihre Zahl, die Art der Anstellung, die Kündigung oder Entlassung und die. Festsetzung von Strafen. Die sachliche Befähigung muss auch in anderer Weise als durch die Zurücklegung eines vorgeschriebenen Bildungsganges nachgewiesen werden können (§ 352).

Die Dienstordnung enthält einen Besoldungsplan. Dabei regelt sie: 1. wieweit bei unverschuldeter .Arbeitsbehinderung das Gehalt fortbezahlt wird; 2. in welchen Fristen Dienstalterszulagen gewährt werden; 3. unter welchen Bedingungen Ruhegehalt und Hinterbliebenenfürsorge gewährt werden. Sie regelt ferner, unter welchen Voraussetzungen Beförderung stattfindet (§ 353). Übrigens muss Pensionierung nicht vorgesehen sein.

Vor Aufstellung der Dienstordnung hat der Vorstand die volljährigen Angestellten zu hören. Sowohl im Vorstand als auch im Ausschuss beschliessen über die Dienstordnung die Arbeitgeber und die Versicherten getrennt.

Die Dienstordnung bedarf der Genehmigung des Oberversicherungsamts. Der Vorstand hat dem Oberversicherungsamte diejenigen Bestimmungen der Dienstordnung, über welche sich die beiden Gruppen im Vorstand oder im Ausschuss nicht geeinigt haben, unter Angabe des Stimmverhältnisses zu bezeichnen. Über diese Bestimmungen entscheidet das Oberversicherungsamt; im übrigen darf es der Dienstordnung die Genehmigung nur versagen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, insbesondere, wenn Zahl oder Besoldung der Angestellten in auffälligem Missverhältnisse zu ihren Aufgaben steht.

Wird die Genehmigung versagt, so entscheidet auf Beschwerde die oberste Verwaltungsbehörde. Das Gleiche gilt für Änderungen der Dienstordnung. (§ 355). Reicht eine Kasse trotz Aufforderung in der gesetzten Frist keine Dienstordnung ein, so stellt das Oberversicherungsamt die Dienstordnung rechtsverbindlich fest. Das Gleiche gilt für angeordnete Änderungen und Ergänzungen (§ 356).

Wer stellt an bei den Krankenkassen? Der Vorstand, aber nur den, für den die Dienstordnung gilt und nur dann, wenn sowohl die Gruppe der Arbeitgeber wie die der Versicherten dies für sich bestimmt hat. Einigen sich die Gruppen nicht, so wird die Beschlussfassung auf einen anderen Tag anberaumt. Wird auch dann keine Einigung erzielt, so kann die Anstellung beschlossen werden, wenn mehr als zwei Drittel der Anwesenden dafür stimmen; ein solcher Beschluss bedarf der Bestätigung durch das Versicherungsamt. Sie darf nur auf Grund von Tatsachen versagt werden, die darauf schliessen lassen, dass dem Vorgeschlagenen die erforderliche Zuverlässigkeit, insbesondere für eine unparteiische Wahrnehmung seiner Dienstgeschäfte, oder die Fähigkeit hierzu fehlt.

Kommt kein Anstellungsbeschluss zustande oder wird die Bestätigung endgültig versagt, so bestellt das Versicherungsamt auf Kosten der Kasse widerruflich die für die Geschäfte der Stelle erforderlichen Personen. Haben die Bestellten die Geschäfte ein Jahr lang geführt, so kann ihnen das Versicherungsamt mit Genehmigung des Oberversicherungsamts die Stelle endgültig übertragen, falls nicht inzwischen ein gültiger Anstellungsbeschluss gefasst worden ist. Die Lage der Angestellten ist einigermassen gesichert.

Wer der Dienstordnung unterstehen soll, wird durch schriftlichen Vertrag angestellt. Die Kündigung oder Entlassung solcher Angestellten darf regelmässig nur auf übereinstimmenden Beschluss der Arbeitgeber und der Versicherten im Vorstand, kommt aber ein solcher Beschluss nicht

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/54&oldid=- (Version vom 7.11.2021)