kommen ist. Es soll ein sehr bemerkenswerter Herr sein, ein Religionslehrer. Prof. Rudoff oder so ähnlich. Er will demnächst auch zu uns kommen. Es ist jetzt möglich, daß wir alle drei Wochen hier Gottesdienst haben u. ich werde diese Gelegenheit benutzen, um unsere Sonntags-Andachten einzustellen. Es ist nun wirklich nicht mehr nötig.
Vormittags gemalt, immer noch am Kopf des Kindes. Er ist jetzt schon ganz gut, jedoch noch nicht so, wie ich ihn haben will.
Mittags fuhr Fritz mit Herrn Sorg ab.
Nachmittags zwei Schweriner Damen, die sich Bilder ansahen, eine alte Pianistin u. eine Sängerin.
Abends Bilder von Picasso angesehen. Ein Maler, über den ich immer wieder staune.
Brief von Frau Dr. Riemschneider – Schwerin. Sie schreibt, daß ich ihr meine Bilder schicken soll, falls ich in Rostock auf weitere Schwierigkeiten stoßen sollte. Ich werde aber erst einmal abwarten.
Gestern tauchte plötzlich ein kathol. Geistlicher hier auf, z. Zt. Seelsorger in Forst i. L., vorher Professor an der Universität Breslau ein großer, schlanker Mann mit Glatze, ungemein sympatisch. Er ist Mitglied des Kulturbundes u. auf diese Weise hierher gekommen. Er war bis Stralsund gefahren, wo er dem Pfarramt einen Besuch gemacht hat u. dort traf er P. Beckmann, der ihn gleich an uns gewiesen hat. Er wohnt im Lukas. Er war gleich bereit, sonntags bei uns Gottesdienst zu halten, doch bot ich ihm an, daß er jeden Morgen hier bei uns seine stille Messe lesen könne, was er sehr erfreut annahm. So hatten wir heute früh um 1/2 8 Uhr bereits unsere Messe.
Nachmittags hatte sich Rechtsanw. Hoffmann wieder mit Kaffee angesagt, den er diesmal selbst bereitete. Der Zufall wollte es, daß er u. der Professor im Kurhause am gleichen Tisch essen u. sich so bereits kennen gelernt hatten. Der Professor kam dann nachmittags ebenfalls. Wir unterhielten uns angeregt über Politik u. die bevorstehenden Wahlen.
Abends waren Martha u. ich bei Frl. Dr. v. Monroy, die gegenwärtig mit einer anderen Schweriner Dame hier im Hause Schon wohnt. –
Heute Nachmittag war Frau Frieda Loeber bei mir, um mich zu portaitieren. Sie machte zwei Versuche, die jedoch beide total mißlangen. Ich beobachtete sie beim malen u. es ist klar, daß ihre Malerei manchmal was wird, wenn sie grade Glück hat, aber meist wird es eben nichts. Wenn es aber wird, dann ist es sehr gut.
Ebenfalls kam Frl. Dr. v. M. mit ihrer Freundin, um meine Bilder zu sehen, woran Frau Loeber dann teilnahm.
Ich selbst habe mein Bild erheblich gefördert. Das Kind ist fertig, alles andere wird keine großen Schwierigkeiten mehr bieten. Es wird sehr gut.
Es ist sehr regnerisch, windig u. recht kalt.
Morgen früh fährt Vera Wendt nach Bln. zurück. Sie war uns ein wirklich angenehmer Gast, bescheiden u. freundlich.
Hans Brass: TBHB 1946-09-09. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-09-11_001.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2024)