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Hans Bötticher (Joachim Ringelnatz): Ein jeder lebt’s


Der lederfarbige Aktuar stand indessen kerzengerade vor seinem Vorgesetzten, dem er vor Jahren Pappsoldaten gemalt und ausgeschnitten hatte, machte stenographische Notizen auf Papiermanschetten und bekräftigte je fünf fürstliche Worte durch ein mit Ruhe und Anstand entwaffnendes „Jawohl, Durchlaucht, sehr wohl!“

„Haben Sie die Präzipualleistungen für die Pflaumenallee ausgezogen?“

„Jawohl, Durchlaucht, sehr wohl!“

„Haben Sie – – –“

„Jawohl, Durchlaucht, sehr wohl!“ O, der hatte alles erledigt. Und der Fürst erteilte ihm mit zitternden Phrasen neue Aufträge, mehr als bisher, jedesmal mehr als bisher. Er sagte: „Es ist gut, mein lieber Aktuar; ich danke Ihnen für heute verbindlichst.“ Und empfand dabei etwas Unerträgliches, kalt oder heiß oder erstickend; das war Haß gegen seinen Angestellten, der ihm und weil er ihm seit neunzehn Jahren untadelhaft diente und den er mit Rücksicht darauf, daß er auch dem fürstlichen Vater lange treu ergeben war, niemals würde entlassen können.

Der Aktuar eilte mit hackenden, langspannigen Schritten hinunter, zur Truhe, wo Max und Fiedl ihn bereits in gedämpfter Aufregung erwarteten und nun wie hungrige Pelikane nach den übergebenen Papieren und Aufträgen schnappten.

Es lag mehr vor als bisher, und – sozusagen – der Aktuar heizte den Blassen entsprechend ein, daß sie in Hitze, in Glut gerieten und gleich

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Hans Bötticher (Joachim Ringelnatz): Ein jeder lebt’s. München: Albert Langen, 1913, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hans_B%C3%B6tticher_Ein_jeder_lebts_106.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)