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Hans Bötticher (Joachim Ringelnatz): Ein jeder lebt’s

hatte abschlagen können, so durchströmte ihn nun eine weiche Begeisterung, die ihn mit vornehmen und weitspannenden Gedanken beschäftigte. Auch eine Wenigkeit von Wehmut färbte seine Betrachtungen, als er sich bei Sonnenuntergang ermüdet am Wiesenhang lagerte und mit halber Aufmerksamkeit verfolgte, wie der Widerschein fernwandelnder Wölkchen den Lauf seiner Flinte rot überzog. – Herr Andex befand sich in der Meinung, daß eine Mühle, deren Gesamtwert von einem Großbäcker nach bezahlter Besichtigung auf 40000 Mark taxiert war, eben dasselbe wie 40000 Mark Barvermögen bedeute. Indem er neben anderem seine Unfähigkeit zur Führung eines Mühlenbetriebes unterschätzte, dünkte er sich auf einmal vom armen, wie man sagt, aus der Hand in den Mund lebenden, zum wohlhabenden Manne geworden.

Und nun ein Strahl seines Blickes die grüne Wiese mit dem rührenden Volke der kleinen rotbetüpften Gänseblümchen überlief, während von weither die Armutslieder einer Ziehharmonika herüberbrandeten, öffnete sich dieses Mannes grundgütige Seele, und er begann sich mit groß ausholenden und tief eindringenden Ideen zu beschäftigen: Wie er hinfort mit seinem Reichtum, seiner Macht gar viel vergelten und erfreuen wollte.

Neben ihm schrillte eine schneidende Kinderstimme auf: „Herr Andex, ich habe ein Kaninchen!“

Daja, blühend in Glückseligkeit, kauerte sich

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Hans Bötticher (Joachim Ringelnatz): Ein jeder lebt’s. München: Albert Langen, 1913, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hans_B%C3%B6tticher_Ein_jeder_lebts_133.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)