Seite:Harz-Berg-Kalender 1805 063.png

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ohnmächtig nieder. Der Schneidermeister aber, dessen Werkstätte dem Fenster ganz nahe war, that einen entschlossenen Sprung zum Fenster hinaus. Der Teufel. kohlrabenschwarz, wie er unter den Weißen[1] von jeher war, schien für dießmal nicht das Weib, sondern den Mann holen zu wollen; denn er ließ jene unberührt liegen, und suchte pfeilschnell auf der ihm eröffneten Fluchtbahn durch das Fenster den Schneider einzuholen. Um ihn desto eher zu erhaschen, nahm er seine Zuflucht zur Teufelslist; denn man vernahm aus seinem Teufelsrachen deutlich die Worte: „Herr Gevatter! ich bins ja! – hör er doch, Herr Gevatter!“ – Wahrscheinlich wollte der Versucher zu allem Bösen, den seynsollenden Herr Gevatter dadurch veranlassen, sich versäumend nach ihm uzusehen, indem er hoffte, ihn dann desto eher ereilen und packen zu können. Der Schneider war indeß kein Narr, und dachte in seinem Sinn: „Dein Gevatter, ist gewiß der Teufel, wenn Du der nicht etwa gar selbst bist.“

     Dieser Gedanke gab dem Schneidermeister Vogelschnelle; und nie mag es dem Teufel saurer geworden seyn, einem ihm so ernstlich Entfliehenden dennoch zu seiner Beute zu machen. Wahrscheinlich hätte der Fürst der Hölle seine Verfolgung für dießmal auch ganz aufgeben müssen, wenn der arme Flüchtling, als er bereits ziemlich weit voraus war, nicht, nach alter Sitte, sicher und dreist geworden wäre. Denn indem er sich nach dem vorgeblichen Vevattersmann, der ihm noch jetzt seinen Zuruf unaufhörlich zuschrie, endlich doch ein einzigsmale neugierig umsah, jedoch indeß rasch fortlief, hatte er das Unglück, seinen Fuß an einen Stein zu stoßen, und stolpernd in einem zwar nicht sehr nassen, aber sumpfigen Graben zu stürzen. Jetzt war’s um ihn geschehen; der Teufel holte ihn bald ein; aber – man denke! – anstatt den Ereilten, nach Teufels Sitte, noch tiefer in den Morast zu versenken, um so die arme Seele in ihren Sünden umkommen zu lassen, zog er den fast erstickenden Schneidermeister dienstfreundlich und wahrhaft gevatterlich aus dem Graben.

     „Aber Gevatter! – hieß es jetzt – kennt er mich denn wirklcih nicht mehr, oder will er mich nicht kennen?“

     Der aus dem Sumpf gezogene Gevatter zitterte, wie Espenlaub, wischte sich den Schmutz aus dem Gesichte, wagte einen halb verstohlenen Blick nach seinem dienstbeflissenen Verfolger, und erkannte in ihm seinen wirklcihen Gevattersmann – den Schornsteinfeger aus Punitz.

     Dieser Mann hatte in einem benachbarten Dorfe Berufsgeschäfte gehabt, und sprach bey dem erzähltermaßen verunglückten Schneidermeister, indem er über dessen Wohnort nach Punitz zurückkehrte, mit vor. Das Wetter dieses Tages war, wie schon gesagt, sehr böse. Ein kalter Wind und arges Schneegestöber machten die Straßen unwegsam und fast unkennbar. Den Schornsteinfeger bangte vor der Rückkehr nach Punitz, Theils der Wölfe, theils der Finsterniß und des Schneegestöbers wegen; denn es war bereits Abend, und doch hatte er noch eine Stunde Weges bis nach Hause. Er gab daher seine Besorgnisse, wie seine Wünsche, dem Gevatter Schneider zu verstehen; allein dieser war so wenig gastfreundschaftlich, daß er den Gevatter Schornsteinfeger – der übrigens wegen des Nachtquartiers auch gerade keine guten Worte verschwenden wollte, – unter den ungünstigsten Wetter und bey einer wirklcih gefährlichen Tageszeit (gegen die Nacht) – abmarschieren ließ.


  1. Die schwarzen Menschen, nehmlich die Neger, mahlen ihren Teufel weiß; unstreitig weil die Engländer, welche die Neger-Menschen einem Faß Syrup gleich achten, und so wie dieses verhandeln, von außen weiß sind.