Seite:Harz-Berg-Kalender 1805 064.png

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     Dieser war indessen kaum fünfhundert Schritte vom Dorfe entfernt, als er die Unmöglichkeit, seinen Marsch noch bis Punitz fortzusetzen, einsah. Er kehrte daher um, und war fest entschlossen, im Hause des ungastfreundlichen Gevatters zu übernachten und sollte es selbst ohne die Einwilligung desselben geschehen.

     Zu dem Ende schlich er von hinten heimlich ins Haus, verbarg sich, bis alles schlief, in der Küche, und kroch dann, weil ihn zu frieren anfieng, fein säuberlich in den ungeheuren Stubenofen, wo die noch warme Asche ein ihm sehr willkommnes Nachtlager darbot. Auch behagte es ihm hier so gut, daß er frühmorgens, als die Frau Meisterin einheitzen wollte, noch ruhig schlief, und von deren Vorhaben nicht eher etwas gewahr ward, als bis ihr kreischendes Angstgeschrey ihn erweckte.

     Aber, Himmel! was erblickten seine kaum eröffneten und fast geblendeten Augen! Vor dem einzigen Aus- und Einweg seines Schlafcabinets, vor der Ofenthür, war ein Bündel Gesträuche in lichten Flammen. Er glaubte nichts gewisser, als daß man ihn für seine Zudringlichkeit, lebendig braten wolle. So blieb ihm dann freilich nichts übrig, als – sich einen Weg zur Rettung und Flucht zu bahnen, so gut er konnte. Ein Paar Kacheln oder Ofensteine waren bald in die Wohnstube hineingedrängt, und so geschah dann, was oben bereits erzählt worden ist.

     Daß der Schornsteinfeger nicht zur gewöhnlichen Thür aus dem Hause gieng, sondern durch das Fenster dem Flüchtlinge nachsetzte, verräth freylich eine kleine Teufelstücke. Ich warf sie ihm auch ehrlich vor, (so erzählt der Amtmann zu Oporowka bey Punitz Herr Durschke) als er mir – bey seinem letzten Hierseyn, zur Reinigung Schornsteine meiner Wohnung – sein Abentheuer erzählte. Er erwiederte eben so ehrlich:

     „Ja, es verdroß mich auch nicht wenig, daß man, wie ich anfangs glaubte, mich lebendig verbrennen wollte, und nachher gar für den Teufel selbst hielt. Ich konnte mich daher nicht mäßigen: ich mußte einen Augenblick die Rolle desjenigen spielen, der ich seyn sollte. Der Gevattersmann erregte mein Mitleid erst da, als ich ihn in den schmutzigen Graben stürzen sah; denn er würde darinn erstickt seyn, wenn ich ihn nicht auf der Stelle herausgezogen, und überhaupt beruhigt hätte. Am meisten dauerte mich indessen sein armes Weib, das noch immer ohnmächtig da lag, als wir zu ihm zurückkehrten. Durch unsere vereinigten Bemühungen erholte sie sich endlich wieder. Ich wandte, als sie die Augen zuerst wieder aufschlug, die Vorsicht an, sie von einer Gegend her, wo sie mich nicht sehen konnte, zuvörderst des vernehmlichen Teufels wegen zu beruhigen. Denn da ihr meine Stimme wohl bekannt war, so überzeugten sich ihre Ohren von der Menschheit des Ofenbewohners früher, als dieß vielleicht ihren Augen gelungen seyn würde. – Als beyde Geisterseher endlich völlig wieder beruhigt waren, lachten wir uns recht satt über das arge Mißverständniß. Indeß war es den guten Leuten doch nicht angenehm, dasselbe erlebt zu haben. Sie baten mich inständigst, die Geschichte Niemand zu erzählen. Ich versprachs, habe bis jetzt ehrlich Wort gehalten, und ersuche Sie, Herr Amtmann, wenn Sie nacherzählen, meinen und meines Gevatters Namen nicht zu nennen.

     Diese Bitte macht dem Herzen des Schornsteinfegers zu viel Ehre, als daß nicht auch ich mich verpflichtet achten sollte, ihm Wort zu halten. Aber deshalb bleibt doch der ganze Vorfall gleich lehrreich, wenn man bedenkt, welch urige und feste Überzeugung diese vermeynte Teufeley hervorgebracht haben würde, wenn dem Schornsteinfeger beliebt hatte, nachdem er durch