Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Calender für das Jahr 1851 | |
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Officier (wütend): Kerl, Du hast den Hecker leben laßen! Schusterjunge: Ja, das hab ich! Officier: Warum hast Du das gethan? Schusterjunge: Na, umbringen kann ich den Hecker doch nicht, also muß ich ihn leben laßen.
In einem Dorfe unweit Paris etablierte sich vor
einiger Zeit ein junger Mann als Uhrmacher. Das
Erscheinen dieses Künstlers war ein Ereignis für die
guten Landleute, deren Uhren eben keine große Übereinstimmung
zeigten. Jedermann eilte zu ihm und
brachte ihm seine Uhr zum Reparieren, und am Ende
einer Woche waren ihm sämmtliche im Dorfe befindliche
Taschenuhren anvertraut worden. Eines Morgens
wurde vergeblich an seine Thür geklpft, der
Laden war verschloßen. Der ganze Tag vergieng, und
der Uhrmacher kam nicht zurück. Endlich schöpften
seine Kunden Verdacht, welcher sich bald in die traurigste
Gewisheit verwandelte. Die ehrlichen Landleute
waren betrogen, der angebliche Uhrmacher war ein
Gauner, der das ganze Sortiment von goldenen und
silernen Uhren mit fortgenommen, und ihnen nichts
als die bittere Erinnerung an ihren Verlust zurückgelaßen
hate. Tiefe Bestürzung herrschte im ganzen
Dorfe, der Künstler vergaß die Thurmuhr aufzuziehen,
und um das Maß der Verwirrung voll zu machen,
war die Sonnenuhr durch mehrere Tage in dichten
Schatten gehüllt. Es wuste Niemand welche Zeit es
war. Die einzigen Glücklichen waren die Schulkinder,
welche jetzt ganz nach Belieben erscheinen konnten, ohne
eine Strafe fürchten zu müßen. Während die Verwirrung
babylonisch zu werden anfieng, wurde der
Gauner verhaftet; aber die Uhren waren unwiederbringlich
verloren, und die Einwohner von Montreuil
hatten die einzige Genugthuung, den Dieb zur Gefängnisstrafe
verurtheilt zu sehen.
Im Schwarzwalde entdeckten zwei Engländer in
einer verrufenen Gegend einen Wirt, der ihnen durch
seine kolossale Grobheit imponierte. Sie verbreiteten
seinen Ruhm in ihrer Heimat, und bald stand das
Wirtshaus auf der großen Tour mit verzeichnet,
und der Wirt sah sich unverhofft mit Engländern
überschwemmt, ohne die Ursache davon zu ahnen.
Durch den vielen Umgang mit Menschen und den
blühenden Gang seines Geschäftes wurden die Manieren
des Wirts mit der Zeit gefälliger, und eben so
schnell verzogen sich seine Gäste wieder. Als er den
Grund hiervon erfuhr, entschloß er sich zu folgender
Bekanntmachung: „Den Herren Engländern mache ich
hiermit bekannt, daß mein Wirtshaus nach wie vor
besteht, und wi ein früheren Jahren, werde ich auch
in diesem grob sein, sehr grob, ja noch gröber. Ich
bitte daher um fleißigen Besuch.“
Ein Rekrut stand des Nachts an einer Sternwarte
Schildwache und sah gedankenlos zum Thurme und zum
gestirnten Himmel hinauf. Da erschien Jemand oben
auf der Warte, nach der Meinung des Rekruten, mit
einer langen Flinte, und zielte damit in die Nacht
hinein. „Aber das möcht ich doch wißen,“ murmelte
der Rekrut in den Bart, „was der Mann dort bei der
Nacht schießen will!“ und dabei folgte er mit den Augen
der Richtung die das Fernrohr des Beobachters auf
der Sternwarte anzeigte. Plötzlich schoß eine Sternschnuppe
hernieder. Dem Verdutzten fiel das Gewehr
aus dem Arm und er rief: „Nu möcht einen doch der
Schnee brennen, er hat ihn getroffen.“
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Calender für das Jahr 1851. Schweigersche Buchhandlung, Clausthal 1850, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1851_027.png&oldid=- (Version vom 16.4.2019)