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Aus alten Harz-Chroniken.

Bernhard von Rohr, Merkwürdigkeiten des Vor- oder Unterharzes, 1748.

     Im vorigen Jahre brachte der Kalender eine uns modernen Menschen ergötzliche anmutende Harzreisebeschreibung des gleichen Verfassers. Diesmal geben wir seine allgemeinen Ansichten über den Harz wieder. Der Leser wird lächeln über mancherlei Unklarheit und Verworrenheit der damaligen geographischen Wissenschaft, anderseits wird er Dinge finden, die heute, nach fast 200 Jahren, noch genau so sind wie damals.


General Discurs
von dem Hartz überhaupt.


     Woher der Hartz seine Benennung erhalten, ist unter den Gelehrten noch sehr streitig; einige wollen dies Wort aus dem Teutschen, andere aber aus dem Griechischen herleiten. Unterschiedene sind der Meynung, daß das lateinische Wort Hercynia ein zusammengesetztes griechisch Wort sey... Andre leiten es von denjenigen griechischen Wort her, welches eine Vermachuung und Schutzwehr bedeutet, weil der Hartz-Wald bey den Kriegs-Zeiten gar bequem wäre, sich in demselben wider die Feinde zu schützen und darinnen zu verdecken.

     Ihrer viele halten es vor ein teutsches Wort, und meynen, der Hartz-Wald habe seinen Nahmen bekommen von dem Hartz, welches aus den Kiefern, Fichten und Tannen heraus triefft, weil man dieser Art Bäume in hiesigen Gegenden vor andern anträfe. Jedoch scheinet mir diese Meynung nicht gar glaubwürdig, inmassen in den urältesten Seiten dieser Hartz-Wald also benennet worden, da er doch, wie ich bald weiter sagen werde, sehr viel andere Wälder, und mancherley unterschiedene Arten Holzes in sich begriffen; man siehet auch noch jetzund, in dem sogenannten Unter-Hartze, mehr Laub-Holz-Bäume, Buchen und Eichen, als Harz-Bäume. Noch andere behaupten, daß sie es am besten treffen, wenn sie die Benennung von dem deutschen Wort Hart herleiten, inmassen sowohl das Land um den Hartz, als auch dessen An- und Einwohner harte wären, die Berg-Erze hier herum wären so harte, daß sie kaum durch Eisen und Pulver könnten gezwungen werden, die Lufft wäre so kalt und rauh, daß die Feldfrüchte an manchen Orten garnicht, an andre aber doch nur spate zur Reife gelangen könnten, die Einwohner wären harter Arbeit, harter Speise und einer harten Lebens-Art gewohnt. Ob nun wohl bereits in sehr alten Zeiten die hiesige Gegend Hartingow genennet worden, so lasse doch dahin gestellt seyn, ob das teutsche Wort Hart zu diesen Nahmen Gelegenheit gegeben. Ein jeder kann sich hiervon diejenige Meynung auslesen, so ihm am besten gefällt, ich halte davon, daß wenig oder nichts daran gelegen, und auch alle zusammen ungewiß: Gewisser hingegen ist es, daß derjenige Wald, den die alten Römischen Scribenten Silvam Hercyniam genennet, einen erschrecklichen Umfang in sich gefasset, und beynahe durch gantz Teutschland gegaringen......

     Wie nun in den ehemaligen Zeiten die Grentzen des Umfangs der Silvae Hercyniae schwer zu bestimmen gewesen, also kan man auch noch jetzund schwerlich sagen, wie weit die Länge und Breite des Hartzes sich erstrecke, und giebet einer dieses Maaß davon an, ein anderer wieder um ein anderes, nachdem er entweder feine Absicht gerichtet hat auf die Gegend des Brockens und anderer benachbarten Berge, oder auf diejenigen Wälder, die er zu dem Hartz-Wald mitrechnen will. Wie kan man auch bey einer solchen Sache, bey der man nicht weiß, woher man die Grentzen ihres Anfangs und Aufhörens setzen soll, etwas accurates bestimmen? Magister Zeitfuchs schreibet in seiner Stolbergischen Chronica dem Hartz-Walde in der Länge ein 12 Meilen von Morgen gegen Abend, in der Breite aber ein 4 bis 5 Meilen zu......

     Es verstehen zwar die meisten, sowohl von alten als neueren, wann sie von dem Hartze reden, gewisse Wälder, die sich als Stücke des ehemaligen grossen Hartz-Waldes ansehen; also sagt Winnigstad in seinem Chronico Halberstadensi, daß anno 1590 der Hartz in den Graffschaften Wernigerode, Regenstein, Hohenstein und andern benachbarten Holzungen zu brennen angefangen, und etzliche Wochen gebrannt, daher 400 Bürger aus Halberstadt und alles Landvolck dahin ziehen müssen, um selbigen zu löschen, es wäre ihnen aber unmöglich gewesen. Inzwischen finden sich auch einige, welche unter dem Worte Hartz das Gebürge verstehen; also sagt Melissantes in seiner Geographie: Zwischen den Braunschweigischen um Goslar herum, und dem Thüringischen Lande, ist das grosse Gebürge der Hartz, lateinisch Silva Hercynia, von dem Gebürge Hercinia, so durch gantz Teutschland gegangen, darauf die vier Berg⸗Städte sind, als Zellerfelde, der Wildemann, Grunde und Lautenthal......

     Daß der Hartz, man mag nun auf die Gebürge oder Wälder sehen, weil ohnedem die meisten Gebürge in den hiesigen Gegenden mit lauter Waldung besetzt, in den Ober- und Unter-Hartz eingetheilet


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1921. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1921, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1921_016.png&oldid=- (Version vom 27.7.2019)