Seite:Harz-Berg-Kalender 1921 017.png

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getheilet wird, ist eine Sache, die Gelehrten und Ungelehrten bekandt ist; wenn man aber eigentlich anzeigen soll, an welchen Orten die Grenzen des Ober-Hartzes oder Unter-Hartzes sich anfangen und endigen, verfällt man wieder in eine grosse Ungewißheit.

     Mehrenteils nennet man den Ober-Hartz denjenigen Strich des Landes, so hinter dem Brocksberge liegt, oder ganz nahe um den Brocksberg herum. Also gehören eigentlich zu den Ober-Hartz nach den Urtheil des Gelehrten Herrn Doct. Bruckmanns, der ein grosser Kenner dieser Gegenden ist, die sieben Bergstädte, als Clausthal, St. Andreas⸗Berg, Altenau, Zellerfelde, Wildemann, Grunde und Lautenthal. Die ersten drey gehören Ihro Königl. Majest. von Groß-Britanien, die letztern sind in Communione, und gehören theils Ihro Königl. Majest. theils Ihro Hochfürstl. Durchl. dem Herzog zu Braunschweig und Lüneburg.....

     Den Unter-Hartz nennet man, meines Erachtens, diejenigen Gebürgischen Gegenden, die in den Graffschaften Mansfeld, Stolberg, in den Fürstenthümern Anhalt, Harzgerode, Halberstadt und Schwarzburg-Sondershausen, nach den Abend und Mitternacht zu liegen, und sich von dem ebenen Lande absondern. So bald sich nun diese höheren Gegenden zekgen, das Land unfruchtbarer, und die Lufft rauher wird, so fängt man an sie den Unter-Hartz zu nennen.

     Wie nun der gütige Schöpfer einem jeden Lande so viel gutes mitgetheilet, als möglich gewesen, also findet man auch in dem Hartz, so wilde und rauh manchen diese Gegenden vorkommen möchten, allenthalben Fußstapfen der göttlichen Güte ... Vor allem andern ist der Hartz ein reiches Magazin der unterirdischen Schätze; man findet hier nicht allein mancherley Arten der Metalle und Mineralien, sondern auch viele Gattungen von besonders figurirten Marmor und Alabaster ... und Steinkohlen in grosser Menge.

     Obschon dem Ober-Hartz mancherley Arten des Getreydes versagt sind, so sind die benachbarten und angrentzenden Oerter davor so reichlich gesegnet, daß sie mit ihrem Ueberfluß deffen Mangel zu statten kommen können. Die Nachbarn aus Nordhausen, Quedlinburg usw. führen sowohl zu ihrer eigenen, als auch zur Bequemlichkeit der Einwohner des Hartzes, ihr Getreyde in großer Quantität dahin, und nehmen davor aus dem Hartz das schöne Silber-Geld mit zurücke. Die Viehzucht ist auch in den Gebürgischen Gegenden gemeiniglich in bessern Stande, als an andern Orten, theils weil das Graß, so auf den Bergen und in den Thälern wächst, zärter, süsser und dem Vieh gedeylicher, theils auch und insonderheit, weil es mit vielen gesunden Kräutern vermenget, die man an andern Orten auf der Ebene nicht so findet.

     Ein Liebhaber der Antiquitäten und der Natur-Wissenschaft hat hierum mancherley Objecta vor sich, die ihn zur Bewunderung des Schöpfers und zur Unterhaltung seines Vergnügens guten Anlaß geben können, auch eines und das andere unbekandte zu erlernen und zu erfahren. Es zeigen sich hier in grosser Menge die Rudera von vielen Berg- und Raub-Schlössern, theils weil diese wilden Gegenden denen, die sich von andern menschlichen Gesellschaften absondern, und ihre Andacht in aller Stille unterhalten wollen, gar bequem gewesen, theils auch, weil man zu Kriegs-Zeiten die hohen Berge und Felsen ausgesucht, um sich wieder die Gewalt der Feinde desto besser zu schützen. Wie nun die alten Ueberbleibsel der Raub-Schlösser, Berg-Vestungen und Clöster, die hin und wieder von den Bergen hervor ragen, den Augen einen gantz angenehmen Prospect geben; Ao findet man nicht weniger bey den tiefen Thälern, bey denen besonderen Höhlen und verborgenen Klüfften, die auch in ihren innersten unterschiedene Curiosa in sich halten, eine angenehme Abwechselung.

     Was die Beschaffenheit der Einwohner des Hartzes anbetrifft, so wollen ihrer viele ihnen beymessen, daß sie gröber und plumper wären als die an andern Orten ... Es ist ein unbegründeter Vorwurff, wenn man den Hartz-Leuten ohne Unterschied ein grobes und plumpes Wesen zuschreiben will. Sie sind in Ansehung ihres Verstandes, Einfalt, Grobheit und Höflichkeit, Tugenden und Lastern, von den übrigen Teutschen nicht unterfchieden ... Daß die Leute hiesiger Gegenden vor andern grober und harter Speisen gewohnet, hat seine Richtigkeit. Daß man ihnen aber wegen der Kälte und rauhen Gegenden, in welchen sie gebohren und erzogen werden, schlechterdings beylegen könte, daß sie fähig wären, die Kälte mehr zu vertragen als andere, ist ebenfalls unrichtig. Weil es ihnen an Holtze nicht fehlet, so sind auch die meisten gewohnt, den gantzen Sommer einzuheitzen, und suchen eine warme Stube, sobald nur ein kalter Wind gehet; An einigen Orten wird eine solche unnöthige Verschwendung mit dem Holz getrieben, daß sie es den Hartz-Staat nennen, wenn sie in der Stube scharf einheitzen, und dabey Fenster und Thüren aufmachen ...

     Die wilden Gegenden des Hartz-Waldes, so rauh und unfruchtbar sie den fremden vorkommen, haben doch in diesem Stück vor den andern etwas zum Voraus, daß man in hiesigen dicken Waldungen, hohen Gebürgen und tiefen Klüfften, weniger von Mordthaten und Rauberenen höret, als auf andern Land-Strassen, die auf der Ebene angeleget, mit vielen Dörfern besetzt sind, und wo wenig oder


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1921. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1921, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1921_017.png&oldid=- (Version vom 27.7.2019)