Seite:Harz-Berg-Kalender 1924 025.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Diese Seite wurde noch nicht korrekturgelesen. Allgemeine Hinweise dazu findest du auf dieser Seite.


ja hier bei dieser „Sterbenseil“ fast ganz ausgeschaltet. Sie nützten so gut wie nichts. Wie angehaucht brachten die meisten die Krankheit mit heim, auf der Straße überfiel sie die Armen bei völligem Wohlsein, kaum, daß manche Bergleute ihren Weg aus der Gruben Tiefen noch herausfanden. Wen sie ergriffen hatte, der litt nicht lange. Furcht, Angst und tödlicher Schrecken lagen über der gesamten Einwohnerschaft, ganze Häuser starben aus und oft ohne Feststellung der Personalien wurden die Leichen schließlich durch die Träger fortgeholt und beigesetzt, und kaum noch wußten sie, wen dies oder jenes Grab barg.

     Von der Kanzel herab wurde am Neujahrstag 1626 durch den Prediger Volswete bekannt gegeben, daß in dem eben vollendeten Jahre in den beiden Bergstädten Clausthal und Zellerfeld mehr als 1350 Personen an der Pest gestorben seien, ¾ davon in der Bergstadt Clausthal. Aber sie hatte auch in den übrigen Harzorten ihre Opfer gefordert. So waren z. B. in St. Andreasberg über 700 Personen dahingerafft, in Lautenthal in mancher Woche bis zu 25 usw. In Goslar starben an der Pest, wie eine handschriftliche Aufzeichnung besagt, „diesmal noch einige Hundert mehr als 50 Jahre zuvor (1573), da eine pestartige Seuche auftrat, die sich weithin ausdehnte, schwer auf Andreasberg lag, wo die Toten stündlich beigesetzt wurden, und der in Goslar mehr als 2000 Menschen erlagen.“

     „Nach dem großen Sterben hat das Volk häuffig wieder gefreyet,“ meint am Schlusse einer Pestschilderung ein alter Clausthaler Chronist. Ja, was hätten sie auch besser tun sollen? –

     Etwa 150 Jahre später, 1771. grassierte in Clausthal wiederum eine Krankheit, die der auch damals aufgetretenen und anhaltend teueren Zeit nach für eine Art von Hungertyphus anzusehen gewesen sein mag. „Auch, ist hier zu Clausthal ein alsgemeines Sterben, daß manchen Tag 4–6 Leichen begraben werden. Die mehresten werden vom Zellbach weggetragen, wo eine allgemeine Seuche unter den Menschen ist, daß gantze Häuser darniederliegen oder wohl gar aussterben,“ berichtet eine alte Nachricht über dies Unglück. 1772 aber hielt sowohl die Teuerung wie auch das „Sterben“ noch an; auch von 1773 wurde noch ähnlich gemeldet, bis 1774 Krankheit und Sterben etwas“ nachließen.

     Im Sommer des Jahres 1782 herrschten unter den Kindern die Blattern so stark, baß an manchen Tagen 6 bis 7 starben, im ganzen Jahre etwa 300.

     Ihre furchtbaren Spuren, die schmerzlichen Wunden, die die Pest den Harzern fast ohne Ausnahme geschlagen, blieben aber noch auf lange Zeit hinaus fühlbar. Wohl kein Haus war von ihren Keulenschlägen verschont geblieben, kaum einen Hausstand gab es, dem nicht das eine oder das andere oder mehrere Glieder fehlten. Andere waren ganz ausgestorben oder fortgezogen. Und so gings weiter in die Not der Zeit, denn der Krieg tobte noch ärger als zuvor und die Teuerung war auch zur Regel geworden. –



Die Leiden des Oberharzes während des 30 jähr. Krieges.


...


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1924. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1923, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1924_025.png&oldid=- (Version vom 28.7.2019)