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Fortichritte mit. Sie bestanden in der Einführung der Schießarbeit von 1630 an, in der erweiterten und verbesserten Anwendung der Wasserkraft bei der Förderung und Wasserhaltung und in Anlagen, durch die einerseits eine Vermehrung der Kraftwasser erzielt, andererseits den Grubenwassern eine tiefere Lösung verschafft wurde.

     Die Sammlung der Niederschläge in Teichen und ihre Ausnutzung in vielen kunstvoll übereinander angeordneten Gefällen hatte bei Beginn des 18. Jahrhunderts in allen Grubenrevieren einen Grad erreicht, der einen weiteren Ausbau nicht mehr zuließ. Sollte dem mit dem Tieferwerden der Gruben ständig wachsenden Kraftbedarf daher weiter genügt werden, so mußten den Grubenrevieren neue Aufschlagwasser von außerhalb zugeführt werden. Die Möglichkeit hierzu bot sich, indem der Wasserreichtum der am Brocken und auf dem Bruchberge weit verbreiteten und sich aus starten Niederschlägen immer wieder füllenden Hochmoore ausgenutzt wurde. Für das Clausthal-Zellerfelder Revier wurde zu dem Zwecke in den Jahren 1732 bis 1734 der Dammgraben geschaffen, ein 28 Kilometer langer Graben, der das Brockengebiet mit der Clausthaler Hochebene verbindet. Er trägt seinen Namen von dem 1000 Meter langen und bis 16 Meter hohen Damme, der zur Überwindung einer zwischen Bruchberg und Tränkeberg gelegenen Paßlenke aufgeschüttet werden mußte. Dem Andreasberger Bergbau war schon vorher, in den Jahren 1714 bis 1721, durch Anlage des 1,7 Millionen Kubikmeter fassenden Oberteiches und des ihn mit Andreasberg verbindenden 7,5 Kilometer langen Rehberger Grabens geholfen worden. Beide Anlagen gehören zu den großartigsten technischen Leistungen ihrer Zeit. Die Hilfe, die dem Bergbau durch sie gebracht worden ist, hat sich durch zwei Jahrhunderte bis zum heutigen Tage ausgewirkt. So lange die Dampftraft noch fehlte, war die großzügige Ausnutzung der Wasserkräfte das einzige Mittel, mit dem der Bergbau am Leben erhalten werden konnte. Aber auch heute zieht der Bergbau von den Anlagen noch reichen Nutzen. Mehr als die Hälfte seines Kraftbedarfs wird immer noch mit einem Mindestmaß von Kosten aus den von den Alten gesammelten und neuerdings zur Erzeugung elektrischen Stromes ausgenutzten Wasserkräften gedeckt. Die Selbstkosten der Betriebe sind dadurch so günstig beeinflußt worden, daß manches weniger reiche Erzmittel hat abgebaut werden können, das beim fehlen der billigen Wasserkräfte als unbauwürdig hätte preisgegeben werden müssen.

     Ebenso dringlich wie die erweiterte Ausnutzung der Oberflächenwasser war mit dem Tieferwerden der Gruben die Abführung der unterirdischen Wässer durch einen tieferen Stollen geworden. Die Clausthal-Zellerfelder Baue hatten Ende des 17. Jahrhunderts eine durchschnittliche Tiefe von 200 Meter, einzelne Schächte eine solche von mehr als 400 Meter erreicht. Die Baue rückten mit jedem Jahrzehnt rund 20 Meter weiter in die Tiefe. Der tiefste vorhandene Stollen war der unterhalb Wildemann angesetzte Dreizehntlachterstollen, der unter dem Burgstädter Gangzuge etwas mehr als 100 Meter Tiefe einbrachte. Wohl waren die Wasserhaltungsanlagen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in mancher Weise vervollkommnet worden. Man hatte für ihre Ausgestaltung auch auswärtige Ratgeber herangezogen, wie der namhaften schwedischen „Mechanicus“ Christopher Polhem und den braunschweigischen Major Winterschmidt, den Erfinder der in Harz um 1750 zuerst angewandten Wassersäulenmaschine. Selbst Leibniz hatte mit geistvollen, im praktischen Betriebe aber schwer anwendbaren Ratschlägen mitgewirkt. Alle Verbesserungen hatten zur Überwindung der Zunehmenden Schwierigkeiten aber nicht ausgereicht. Man entidloß sich daher im Jahre 1775 zum Bau eines Stollens, der unterhalb der Bergstadt Grund 1777 angesetzt und nach zweiundzwanzigjährigem Betriebe im Jahre 1799 glücklich vollendet wurde. Als „Tiefer Georgsstollen“, wie er nach König Georg Ⅲ. benannt wurde, erreihte er vom Mundloch bis zu seinem Einkommen in den Clausthaler Grubenbauen am Altensegener Schachte eine Länge von 7200 Meter und unterfuhr den Burgstädter Gangzug in einer Tiefe von 250 Meter unter Tage, 135 Meter unter dem Dreizehnlachterstollen. Konnte er auch nicht alle Grubenbaue, die z. T. schon in wesentlich größere Tiefe eingedrungen waren, lösen, so brachte er dem Bergbau doch eine außerordentliche Erleichterung, die sich u. a. darin ausdrückt, daß allein auf dem Burgstädter und Rosenhöfer Zuge 15 Wasserkünste und mehrere Kunstschächte abgehen und die freiwerdenden Wasserkräfte anderen Zwecken dienstbar gemacht werden konnten.

     Zur Kennzeichnung der Leistungen des Bergbauas im 17. und 18. Jahrhundert mögen einige Zahlen dienen: Die jährliche Silbererzeugung stieg im 17. Jahrhundert von 5000 auf mehr als 10000 Klg. und bewegte sich im 18. Jahrhundert in dessen erster Hälfte um 12000, in der zweiten um 8000 Klg. Die Bleierzeugung betrug während des Dreißigjährigen Krieges durchschnittlich 500 Tonnen, stieg bis zum Jahre