Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1928 | |
|
Fortichritte mit. Sie bestanden in der Einführung
der Schießarbeit von 1630 an, in der erweiterten
und verbesserten Anwendung der Wasserkraft
bei der Förderung und Wasserhaltung
und in Anlagen, durch die einerseits eine Vermehrung
der Kraftwasser erzielt, andererseits den
Grubenwassern eine tiefere Lösung verschafft
wurde.
Die Sammlung der Niederschläge in Teichen
und ihre Ausnutzung in vielen kunstvoll übereinander
angeordneten Gefällen hatte bei Beginn
des 18. Jahrhunderts in allen Grubenrevieren
einen Grad erreicht, der einen weiteren Ausbau
nicht mehr zuließ. Sollte dem mit dem Tieferwerden
der Gruben ständig wachsenden Kraftbedarf
daher weiter genügt werden, so mußten
den Grubenrevieren neue Aufschlagwasser von
außerhalb zugeführt werden. Die Möglichkeit
hierzu bot sich, indem der Wasserreichtum der
am Brocken und auf dem Bruchberge weit verbreiteten
und sich aus starten Niederschlägen immer
wieder füllenden Hochmoore ausgenutzt
wurde. Für das Clausthal-Zellerfelder Revier
wurde zu dem Zwecke in den Jahren 1732 bis
1734 der Dammgraben
geschaffen, ein 28
Kilometer langer Graben, der das Brockengebiet
mit der Clausthaler Hochebene verbindet.
Er trägt seinen Namen von dem 1000 Meter langen
und bis 16 Meter hohen Damme, der zur Überwindung
einer zwischen Bruchberg und Tränkeberg
gelegenen Paßlenke aufgeschüttet werden
mußte. Dem Andreasberger Bergbau war schon
vorher, in den Jahren 1714 bis 1721, durch
Anlage des 1,7 Millionen Kubikmeter fassenden
Oberteiches und des ihn mit Andreasberg verbindenden
7,5 Kilometer langen Rehberger Grabens
geholfen worden. Beide Anlagen gehören
zu den großartigsten technischen Leistungen ihrer
Zeit. Die Hilfe, die dem Bergbau durch sie
gebracht worden ist, hat sich durch zwei Jahrhunderte
bis zum heutigen Tage ausgewirkt. So
lange die Dampftraft noch fehlte, war die großzügige
Ausnutzung der Wasserkräfte das einzige
Mittel, mit dem der Bergbau am Leben erhalten
werden konnte. Aber auch heute zieht der
Bergbau von den Anlagen noch reichen Nutzen.
Mehr als die Hälfte seines Kraftbedarfs wird
immer noch mit einem Mindestmaß von Kosten
aus den von den Alten gesammelten und neuerdings
zur Erzeugung elektrischen Stromes ausgenutzten
Wasserkräften gedeckt. Die Selbstkosten
der Betriebe sind dadurch so günstig beeinflußt
worden, daß manches weniger reiche
Erzmittel hat abgebaut werden können, das beim
fehlen der billigen Wasserkräfte als unbauwürdig
hätte preisgegeben werden müssen.
Ebenso dringlich wie die erweiterte Ausnutzung der Oberflächenwasser war mit dem Tieferwerden der Gruben die Abführung der unterirdischen Wässer durch einen tieferen Stollen geworden. Die Clausthal-Zellerfelder Baue hatten Ende des 17. Jahrhunderts eine durchschnittliche Tiefe von 200 Meter, einzelne Schächte eine solche von mehr als 400 Meter erreicht. Die Baue rückten mit jedem Jahrzehnt rund 20 Meter weiter in die Tiefe. Der tiefste vorhandene Stollen war der unterhalb Wildemann angesetzte Dreizehntlachterstollen, der unter dem Burgstädter Gangzuge etwas mehr als 100 Meter Tiefe einbrachte. Wohl waren die Wasserhaltungsanlagen bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in mancher Weise vervollkommnet worden. Man hatte für ihre Ausgestaltung auch auswärtige Ratgeber herangezogen, wie der namhaften schwedischen „Mechanicus“ Christopher Polhem und den braunschweigischen Major Winterschmidt, den Erfinder der in Harz um 1750 zuerst angewandten Wassersäulenmaschine. Selbst Leibniz hatte mit geistvollen, im praktischen Betriebe aber schwer anwendbaren Ratschlägen mitgewirkt. Alle Verbesserungen hatten zur Überwindung der Zunehmenden Schwierigkeiten aber nicht ausgereicht. Man entidloß sich daher im Jahre 1775 zum Bau eines Stollens, der unterhalb der Bergstadt Grund 1777 angesetzt und nach zweiundzwanzigjährigem Betriebe im Jahre 1799 glücklich vollendet wurde. Als „Tiefer Georgsstollen“, wie er nach König Georg Ⅲ. benannt wurde, erreihte er vom Mundloch bis zu seinem Einkommen in den Clausthaler Grubenbauen am Altensegener Schachte eine Länge von 7200 Meter und unterfuhr den Burgstädter Gangzug in einer Tiefe von 250 Meter unter Tage, 135 Meter unter dem Dreizehnlachterstollen. Konnte er auch nicht alle Grubenbaue, die z. T. schon in wesentlich größere Tiefe eingedrungen waren, lösen, so brachte er dem Bergbau doch eine außerordentliche Erleichterung, die sich u. a. darin ausdrückt, daß allein auf dem Burgstädter und Rosenhöfer Zuge 15 Wasserkünste und mehrere Kunstschächte abgehen und die freiwerdenden Wasserkräfte anderen Zwecken dienstbar gemacht werden konnten.
Zur Kennzeichnung der Leistungen des Bergbauas im 17. und 18. Jahrhundert mögen einige Zahlen dienen: Die jährliche Silbererzeugung stieg im 17. Jahrhundert von 5000 auf mehr als 10000 Klg. und bewegte sich im 18. Jahrhundert in dessen erster Hälfte um 12000, in der zweiten um 8000 Klg. Die Bleierzeugung betrug während des Dreißigjährigen Krieges durchschnittlich 500 Tonnen, stieg bis zum Jahre
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1928. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1927, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1928_042.png&oldid=- (Version vom 23.9.2019)