Seite:Harz-Berg-Kalender 1929 054.png

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erzählte ihm seine Frau: „Auch ich habe den Hund gesehen, genau so, wie ihn Dein Kamerad geschildert hat. Dort hinten vom Treibholze ist er gekommen, über die Brücke und die Straße gelaufen, von woher Du kommen mußtest. Deinem armen Kameraden ist er begegnet, und der hat sich erschreckt, daß ihm das Blut erstarrte. Wie leicht hätte es Dir ebenso ergehen können. O, was habe ich für eine Angst um Dich ausgestanden.“ Ihr Mann schwieg lange Zeit und hub dann an: „Als ich noch ein Kind war, hat mein Großvater mir erzählt, daß es auf dem Treibholz nicht ganz geheuer sei. Dort soll vor langen, langen Zeiten ein Schloß gestanden haben, dessen Bewohner sehr böse Menschen waren. Nichts war ihnen heilig, sie nahmen, was ihnen nicht gehörte, und was ihnen in den Weg trat, mußte sein Leben lassen. Schon lange hatte das himmlische Strafgericht gedroht. Sie trieben es jedoch immer ärger, und als sie einmal wieder von einem Raubzug zurückgekehrt waren und ein höllisches Fest feierten, brach es, als ihre Bosheit reif geworden war, plötzlich über sie herein. Schreckliche Blitze zuckten hernieder, und mit furchtbarem Krachen barst der Berg auseinander. In Feuer und Rauch versanken das Schloß und seine Bewohner. Die unermeßlichen Schätze aber, die sie angesammelt, werden da unten, tief im Innern des Berges, von einem feurigen Hunde bewacht, der jeden zerrreißt, den es nach den Schätzen gelüstet. Nur einmal alle hundert Jahre verläßt dieser den Ort, kommt an die Erdoberfläche, und wem es dann glückt, während seiner Abwesenheit an den Schatz heranzukommen, kann sich so viel davon nehmen, daß er genug für sein ganzes Leben hat. – Heute waren gewiß wieder einmal hundert Jahre um, und wenn Du den Hund so genau gesehen hast, muß es wahr sein, was mir mein alter Großvater immer von dem großen Schatz im Treibholze zu erzählen wußte.“




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