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Der große Brand in St. Andreasberg am 8. Oktober 1796.
Mitgeteilt von H. Morich.


     Bei der im September 1934 vorgenommenen Reparatur der Wetterfahne der Clausthaler Marktkirche fand sich im Glockenturmknopf folgende Nachricht von dem großen Brande in St. Andreasberg am 8. Oktober 1796:

     Der schon lange von Vater auf Sohn und Enkel fortgepflanzte Glaube, daß die Bergstadt Andreasberg nach ihrer Lage, wegen der vorhandenen Wetterscheiden, keiner Gefahr beym Gewitter ausgesetzt sey, hat am 8. Oktober 1796 seine Entschaft erreicht. Es war dies ein Tag des Schreckens. Mittags halb 1 Uhr, wo weder der Anschein des Gewölks, oder vorhergeangener Donner ein Gewitter ahnden ließ, wurde das Haus des Fleischers Eschenbach, ganz unten an der Herrenstraße belegen, vom Wetterstrahle in Brand gesetzt.

     Der naßen Witterung und der angewandten Bemühungen der Andreasberger ungeachtet, war dennoch, wegen des heftigen Windes, an kein Retten zu denken gewesen. Die Flamme hat, mit fürchterlicher Eile, nicht nur das gegenüberstehende Haus auf der Herrenstraße sondern auch das Madelungsche Haus auf der Breiten Straße ergriffen, und durch die Gewalt des im Thale heraufkommenden Windstrumes, der das, durch die vielen Heuvorräthe, sehr vergrößerte Feuer bergauf getrieben, ist alle Hülfe umsonst, alle Rettung vergebens gewesen und sind in einer Zeit von 8 Stunden überhaupt 249 Häuser und 326 Stallgebäude in Feuer aufgegangen.

     So unglaublich es scheinen mag, so wahr ist es, daß von dieser Menge von Gebäuden auch ein noch brauchbares Stück Holz übrig geblieben ist. Nichts bis auf den Boden, sondern in der Erde war alles Holzwerk, auch einige kaum aus dem Steinpflaster hervorragende Röhrentouren, sowie die vollen Maßerbuttige – alles war weggebrannt. Vom Schützenhause ab, sind einige 20 Häuser stehen geblieben, von dem übrigen obern Theile der Bergstadt bis zum Rathhause herunter (die wenigen Häuser vom alten Herrenhause bis incl. des Brauhauses abgerechnet) gar nichts, kein Gartenzaun, kein Baum.

     Es war dies bey weiten der vorzüglichste Theil der Stadt. Außer den darin befindlichen größeren und gut bestandenen Häusern der wohlhabenden Einwohner sind folgende Hauptgebäude von den Flammen verzehrt: die Kirche, mit einer neuen Orgel, die ihrer Vollendung nahe war, und bereits über 800 Thaler gekostet hatte, das Amt- und Rathaus, das Primariat- und Diaconathaus nebst Schule.

     Unter den abgebrannten Häusern sind die Kirche, das Amthaus und 17, theils Privat-, theils Cämmerey-Gebäude, nicht aßecuriert gewesen. Die Aßecurations-Summe der übrigen 230 Gebäude beträgt 87.125 Thaler, eine Summe, welche, nach der Äußerung des Schatz-Collegiums, noch nie, solange die Brand-Aßecurations-Societät bestanden, stattgefunden hat.

     Die Personenzahl, welche dieser Brand direct betroffen und aus ihren Wohnungen verjagt hat, beläuft sich überhaupt auf 1912, nehmlich an Bürgern mit ihren Familien 1.155 und an Hausgenoßen mit ihren Familien 757. Da nach dem Bürger-Register von 1795 die Anzahl der sämtlichen Einwohner 3.011 und die der Häuser 431 betragen hat, so ist leicht zu ermäßigen, wie zusammengedrängt nun alles wohnen mußte.

     In den übrig gebliebenen 182 größtentheils kleinen Häusern, worin bisher 1.000 Menschen gewohnt hatten, mußten sich nun 3.000 behelfen. Man rechne dazu die äußerst naße Jahreszeit und den bevorstehenden Winter – wahrlich ein gräßliches Bild, deßen Schrecklichkeit durch die Vorstellung, man könnte wohl sagen, sichere Erwartung von ansteckenden bösartigen Krankheiten völlig ausgemalet würde.

     Zwar wurden zur möglichsten Abwendung dieser Gefahr von Königl. Berghauptmannschaft die trefflichsten Vorkehrungen getroffen: Ein geräumiges Vorrats-Haus wurde zu einem Krankenhause auf das zweckmäßigste eingerichtet, auch wegen Verabfolgung freyer Medizin an Unvermögsame das Nöthige verfügt, aber wie wenig würde dies Alles gefruchtet haben, wenn wirklich Epidemie eingetreten wäre. Und siehe da, es sind überall keine Krankheiten er Art eingetreten, und ist Gottes Vorsehung deshalb zu preisen.

     Sehr wenige hatten das Ihrige ganz, Wenige etwas davon gerettet, die Meisten hatten Alles verlohren. Nach der Angabe der Abgebrannten belief sich der Verlust an Meublen und Sachen incl. der nicht aßecurirten Privat-Gebäude überhaupt auf 60.961 Thaler.

     Daß bei allen diesen Umständen die Noth groß war, wer wollte oder könnte daran zweifeln! Aber groß war auch die Unterstützung und Hülfe von der Nachbarschaft sowohl als von entfernten Art, vorzüglich an Brod, Kartoffeln, verschiedenen Hülsenfrüchten, Branntwein, Bier