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Der Königin-Marien-Schacht.
(Gedenkblatt zu seiner Einweihung vor 83 Jahren.)
Von H. Morich.


     Der Königin Marienschacht war der Hauptschacht im oberen Burgstätter Revier und wurde deshalb abgeteuft, weil die anderen (tonnlägigen) Schächte in diesem Revier, Dorothee, Karoline, Bergmannstrost und Benedikte, nicht mehr genügten und zuviel Unterhaltungskosten beanspruchten. Der neue Richtschacht wurde saiger (senkrecht) abgeteuft und steht auf der 36. Bergmannstroster Strecke 100 Meter im Liegenden des Hauptganges in der Mitte des Erzfeldes. Er hatte hier eine Teufe von 720 Meter erreicht, war aber im Ganzen zuletzt 770 Meter tief.

     Der Schacht wurde eingeweiht am 2. Oktober 1856 in Gegenwart der Königlichen Familie Georg Ⅴ. von Hannover. Die Königin Marie hatte die Taufe des Schachtes übernommen, der von ihr den Namen „Königin Marienschacht“ erhielt. Unter Glockengeläut der Clausthaler Marktkirche begaben sich am frühen Morgen die Allerhöchsten Herrschaften zur Weihe nach dem Burgstätter Zuge, wo die Bergleute Aufstellung genommen hatten.

     Vor dem Schachte erfolgten Ansprachen seitens bes General-Superintendenten Dr. Fraatz, und bes Bergrats Koch, die den Dank der Harzer für die Übernahme der Patenstelle durch die Königin ausdrückten. Darauf fiel die Hülle, das Schild „Königin Marienschacht“ wurde sichtbar, und die Teilnehmer traten nun in den mit Blumen und Girlanden geschmüdten Gaipel. Aus dem Innern des Schachtes, der weit illuminiert war, ertönte als originelle Überraschung für die Königsfamilie die Musik des Clausthaler Bergmusikkorps herauf. Nach der Weihe kehrte die Königliche Familie unter dem Geläute der Glocken nach Clausthal zurück.

     Das Abteufen des Marienschachtes geschah stückweise und dauerte mehrere Jahre. Wie erzählt wird, fand für den Angriff am Tage eine kleine Feierlichkeit statt, wobei unter Musikbegleitung ein Choral gesungen wurde und ein Geistlicher eine kurze Ansprache hielt. Auf dem Platze, wo der Schacht niedergehen sollte, hatte man das erste Schachtgeviert bereits gelegt. Der Berghauptmann von dem Knesebeck, mit dem sich das Bergamt versammelt hatte, ergriff einen fein gearbeiteten Spitzhammer, trat in das Schachtgeviert und fing an, den Wiesenboden aufzuhauen, wobei er schöne Erzstufen bloßlegte, die des Scherzes wegen von den Bergleuten unter dem Rasen eingegraben waren.

     Der Querschnitt des Marienschachtes (die Schachtscheibe) ist ein längliches Viereck von 8 Meter langer und 2,5 Meter kurzer Seite. Der Ausbau besteht aus Fichtenholz. Je nach der Festigkeit des Gesteins sind verschieden weit voneinander Schachtgevierte gelegt. Das Geviert des Schachtes besteht aus den beiden Jochern am Liegenden und Hangenden und den beiden zwischen dieselben getriebenen kurzen Pfändungen.

     Der Schacht ist senkrecht in zwei Haupttrümmer geteilt: Fahrschacht und Treibschacht.


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender 1940. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1939, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1940_050.png&oldid=- (Version vom 9.4.2019)