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     Im Anfang des 17. Jahrhunderts standen bei Altenau wieder viele Gruben im Betriebe, und es waren einige 20 Gewerken die den Silbererzbergbau in Angriff genommen hatten. Daß der Betrieb nicht unbedeutend gewesen ist, geht daraus hervor, daß um das Jahr 1610 sogar eine Silberhütte errichtet wurde. Gebaut wurde auf dem anfangs sehr bleierzreichen Schazkammer-Gangzuge, der mit vielen Unterbrechungen lange Zeit im Betrieb war. Im Jahre 1603 hatte Altenau schon 50 Wohnhäuser, deren Zahl bald weiter stieg. Als 1617 das Fürstentum Grubenhagen an den Herzog Christian von Lüneburg-Celle gefallen war, verlieh dieser dem Orte Stadtgerechtigkeit, Brauwerk und ein Stadtsiegel, das neben Schlägel und Eisen die Wolfsangel zeigt. Den Bergstädten ist Altenau aber erst im Grubenhagenschen Landtagsabschiede von 1623 beigezählt, und die Clausthaler Bergfreiheit vom Jahre 1554 wurde ihr erst 1636 vom Herzog August d. J. von Braunschweig-Lüneburg ausgefertigt.

     Die Bergwerke und Hütten waren eine Zeitlang von 2 wohlhabenden Männern namens Pankratius Müller und Berndt Frommknecht auf eigene Kosten gebaut. Den gebührenden Zehnten und andere Abgaben hatten sie jährlich der Herrschaft entrichtet. Im Jahre 1618 wurde ihr ganzer Betrieb unter. die Aufsicht des Bergamts zu Clausthal gestellt, das ihnen in einem Vertrage ihr Besitztum auf 8 Jahre zusicherte, doch sollten sie statt des Zehnten von allen Metallen jährlich 800 Gulden zahlen und alle Vierteljahr über ihre Einnahmen und Ausgaben Rechnung ablegen. Das Recht, Geschworene, Steiger und Arbeiter an- und abzulegen, wurde ihnen gelassen. Nach Ablauf der 8 Jahre sollten sie das „Näherrecht“ haben, ihr Eigentum, in das sie fast ihr ganzes Vermögen gesteckt hatten, wieder an sich zu bringen. Auch wollte man ihnen dann ihre aufgewendeten Baukosten vergüten.

     In dem drangsalvollen 30jährigen Kriege, von dem auch Altenau nicht verschont blieb, war jedoch die Erfüllung jener Vertragsklauseln nicht möglich, die Gruben kamen zum Erliegen, und der Bergbau ruhte von 1620 bis 1630 etwa 10 Jahre lang. In dieser bösen Zeit, die mit einer Teuerung und nachfolgenden Pestilenz einsetzte, sann man auf andere Erwerbszweige. Der Richter Klaus Ränsch sorgte für Anlage eines Bohr- und Schleifwerks, und der rührige Gewerke Frommknecht ließ am Rothenberge eine Mahl- und Ölmühle sowie 1623 eine Eisenhütte mit Zerrennherd, Frischfeuer und Blechhammer erbauen, die allerdings nur kurzem Bestand hatte. Sie lieferten uns u. a. Material für Gewehrläufe. Zerrennherde waren niedrige Ofen mit geringer Hitze, in denen man schlackiges Eisen gewann. Die Frischfeuer dienten zum Umschmelzen (Frischen) des Roheisens in schmiedbares Eisen.

     Zu Anfang des 30jährigen Krieges soll in Altenau auch eine braunschweigische Münze bestanden haben. Die mündliche Überlieferung bezeichnet heute noch ein altes Gebäude hinter dem Rathaus allgemein als ehemalige Münze, wo auch Münzgerätschaften ausgegraben ein sollen. Vielleicht aber war es nur eine sogenannte Heckenmünze, wie solche in der Kipper- und Wipperzeit auch in Elbingerode und Katlenburg auf kurze Zeit bestanden. Es waren nicht berechtigte Münzstätten (Münzhecken), wo minderwertige Münzen geprägt wurden. Dieser Mißbrauch herrschte besonders während der Zeit des 30jährigen Krieges, und der Wert des guten Geldes stieg dadurch so sehr, daß 1621 ein guter Taler 7–8 und 1623 fogar 16–20 Taler galt.

     Nach dem 30jährigen Kriege wurden die Gruben wieder aufgenommen und auch fleißigbebaut, wovon noch heute die vielfach vorhandenen Schachtlöcher, Halden, Stollen und Gräben ein beredtes Zeugnis ablegen. Schon 1631 nahmen Richter und Rat die Gruben Schatzkammer, Rose und Schreibfeder für Rechnung der Stadt in Pacht, denn sie waren eifrig bestrebt, durch Aufschließung lebensfähiger Betriebe der bergmännischen Bevölkerung einträgliche Verdienstmöglichkeiten zu beschaffen. Auch bei Fehlschlägen ließen sie sich nicht beirren, immer wieder neue Mutungsversuche anzustellen. Im Jahre 1652 führte man eine sogenannte Stollensteuer ein, mit deren Hilfe die Schakkammer wieder in Betrieb genommen wurde. Es war die bedeutendste Grube, die zeitweise auch Ausbeute lieferte.

     Die Stadt entwickelte sich stetig, so daß sie 1653 schon 70 Wohnhäuser zählte. Eine ausgedehnte Viehzucht und Wiesenkultur sowie die Beschäftigung in der Forstwirtschaft gingen Hand in Hand mit den Arbeiten in den Berg- und Hüttenmännischen Betrieben. Bei der Zunehmenden Bevölkerung genügte die erste Kirche nicht mehr, die jedenfalls recht klein und einfach gewesen ist. Im Jahre 1669 legte man sie nieder und erbaute an derselben Stelle eine neue, größere Kirche, die noch heute vorhanden ist. Ein neuer Kirchturm war schon 1642 errichtet. Das Glockenhaus der Kirche auf benachbarter Höhe stammt aus dem Jahre 1684. Die Silberhütte, die in den Wirren des 30jährigen Krieges stillgelegt und verfallen war, wurde im Jahre 1691 wieder neu aufgebaut. Die Eisenhüttenleute und Waldarbeiter waren Niedersachsen, die Silberbergleute aber Obersachsen. Daher ist noch heute Altenau zweisprachig. Die Nachkommen der ersteren sprechen niederdeutsch, die übrigen Einwohner oberdeutsch = oberharzisch.

     Unterhalb der Silberhütte wurde 1794 eine fiskalische Eisenhütte mit Hochofen angelegt, welche den Magneteisenstein vom Spitzenberge und den Rot- und Brauneisenstein des Grünsteinzuges bei Altenau und im Kellwasser verschmolz. Ihre Gründung soll durch das wiederholte Auftreten des Borkenkäfers, der die Waldbäume


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1950. Piepersche Druckerei, Clausthal 1949, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1950_037.png&oldid=- (Version vom 18.2.2019)