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Nr. 2. Romanze.


Etienne.
Ein Vampyr nimmt wohl die Gestalt
Von jedem Menschen an,
Doch nie erscheint er schwach und alt,
Stets als ein junger Mann:

65
Sein Antlitz und sein Leib ist schön,

Er weiß die Worte glatt zu dreh’n;
Doch in dem Auge, schuldbewußt,
Brennt tief das Feuer böser Lust.
Seht ihr im Aug’ den düstern Schein,

70
So denkt, es muß ein Vampyr seyn.


Chor.
Sieht man im Aug’ den düstern Schein,
So kann es wohl ein Vampyr seyn.

Etienne.
Bald schüchtern naht er und bald keck,
Er spricht von Liebespein;

75
Ganz schlau verfolgt er seinen Zweck

Und schläfert Vorsicht ein.
Doch schmückt ihn nicht der Unschuld Roth,
Sein Angesicht ist bleich wie todt,
Und wenn er lächelt, schaut er aus,

80
Als käm’ er aus dem Leichenhaus.

Sieht einer blaß und schmachtend drein,
So denkt, das kann ein Vampyr seyn.

Chor.
Sieht einer blaß und schmachtend drein,
So kann es leicht ein Vampyr seyn.

Etienne.

85
D’rum, Mädchen, nehmt Euch wohl in Acht

Vor solcher Zauberkunst,

Empfohlene Zitierweise:
Cäsar Max Heigel: Der Vampyr, romantische Oper in drei Akten. München: Franz Seraph Hübschmann, 1828, Seite 06. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heigel_%26_Lindpaintner_%E2%80%93_Der_Vampyr_%E2%80%93_06.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)