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und allerley andere süße Schnurrpfeifereien. -- Wahrlich Scheffers Gretchen kann nicht beschrieben werden. Sie hat mehr Gemüth als Gesicht. Sie ist eine gemalte Seele. Wenn ich bey ihr vorüberging, sagte ich immer willkürlich: Liebes Kind!

Leider finden wir Scheffers Manier in allen seinen Bildern, und wenn sie seinem Faust und Gretchen angemessen ist, so mißfällt sie uns gänzlich bey Gegenständen, die eine heitere, klare, farbenglühende Behandlung erforderten, z.B. bey einem kleinen Gemälde, worauf tanzende Schulkinder. Mit seinen gedämpften, freudlosen Farben hat uns Scheffer nur einen Rudel kleiner Gnomen dargestellt. Wie bedeutend auch sein Talent der Portraitirung ist, ja, wie sehr ich hier seine Originalität der Auffassung rühmen muß, so sehr widersteht mir auch hier seine Farbengebung. Es gab aber ein Portrait im Salon, wofür eben die Scheffersche Manier ganz geeignet war. Nur mit diesen unbestimmten, gelogenen, gestorbenen, charakterlosen

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Heinrich Heine: Der Salon. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1834, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heine_Der_Salon_1.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)