Seite:Hermann Drahten Der Rechtsschutz des bildenden Künstlers 1908.pdf/36

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

v. Bismarck herauszugeben. Die Berufung wurde vom Hanseatischen Oberlandesgericht verworfen und die Revision vom Reichsgericht zurückgewiesen mit folgender Begründung:

„Es ist mit dem natürlichen Rechtsgefühle unvereinbar, daß jemand das unangefochten behalte, was er durch eine widerrechtliche Handlung erlangt und dem durch dieselbe in seinen Rechten Verletzten entzogen hat. Hier nun handelt es sich darum, daß die beiden Beklagten mittels eines Hausfriedensbruches gegen den Willen der Kläger in dasjenige Zimmer eingedrungen sind, in welchem diese die Leiche ihres Vaters, die sie in ihrem Gewahrsam hatten (vergl. § 168, § 367 Nr. 1 des Strafgesetzbuches), aufbewahrten, und damit das Hausrecht, das den Klägern seit dem Tode ihres Vaters in Ansehung dieses Zimmers zustand, verletzt und diese Gelegenheit benutzt haben, um eine photographische Aufnahme eines Teiles des Innern des Zimmers mit der darin ruhenden Leiche herzustellen. Solche photographische Aufnahme eines umfriedeten Raumes und folgeweise deren Veröffentlichung zu hindern, hat der Inhaber des Hausrechtes an sich das Recht und die Macht, und die Möglichkeit haben hier die Beklagten durch ihr rechtswidriges Tun den Klägern zunächst entzogen, indem sie gleichzeitig für sich die tatsächliche Verfügung über das in Frage stehende photographische Bild erlangt haben. Die Kläger haben den Beklagten gegenüber ein Recht darauf, daß dieses Ergebnis wieder rückgängig gemacht werde.“

Abgesehen davon, daß eine widerrechtliche Handlung lediglich in dem Eindringen in das Sterbezimmer zu erblicken ist, während die weitere Handlung des Photographen mit dem Hausfriedensbruch nichts zu tun hat, versagt doch die Urteilsbegründung vollständig, wenn ein solcher Fall sich ohne Hausfriedensbruch ereignet, z. B. wenn die photographische Aufnahme von einem Diener der Familie des Fürsten oder von einem Fremden zu einer Zeit erfolgt wäre, wo dem Publikum der Zutritt zu der aufgebahrten Leiche gestattet worden war.

Ebensowenig überzeugend ist ein in Kohlers Eigenbild im Recht, Seite 33, mitgeteiltes Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 20. November 1900, das eine einstweilige Verfügung des Landgerichts bestätigt, durch welche die Beschlagnahme von Platten und Abzügen einer Photographie angeordnet wurde, welche die Beklagten von einer jungen Dame für die Zwecke eines Ehescheidungsprozesses aufgenommen hatten. Beide Instanzen führten aus, es sei für ein unbescholtenes junges Mädchen beleidigend, wenn sie durch Vorzeigung ihres Bildes zum Zwecke ihrer Rekognoszierung als des unerlaubten Verkehrs mit einem Manne verdächtig hingestellt wird.

Auch hier wird wieder übersehen, daß im Photographieren allein keine Verdächtigung liegt, sondern nur in den Aeußerungen, mit welchen