Seite:Hermann Drahten Der Rechtsschutz des bildenden Künstlers 1908.pdf/72

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Beschimpfung eines Verstorbenen.

Noch schwieriger ist die Verfolgung, wenn es sich um das Werk eines schon verstorbenen Künstlers handelt, da nach § 189 des Strafgesetzbuchs nur bestraft werden kann, wer das Andenken eines Verstorbenen dadurch beschimpft, daß er wider besseres Wissen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben bei seinen Lebzeiten verächtlich gemacht haben würde.

Es wird daher manche Fälle geben, in denen ein Künstler durch die Presse in beleidigender Weise herabgesetzt wird, ohne daß er gerichtliche Hilfe dagegen in Anspruch nehmen kann.

§ 11 des Preßgesetzes.

Ein kleines Gegenmittel enthalt der § 11 des Preßgesetzes vom 7. Mai 1874, wonach der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druckschrift (insbesondere einer Zeitung) verpflichtet ist, eine Berichtigung der in letzterer mitgeteilten Tatsachen auf Verlangen einer beteiligten öffentlichen Behörde oder Privatperson ohne Einschaltungen oder Weglassungen aufzunehmen, sofern die Berichtigung keinen strafbaren Inhalt hat und sich auf tatsächliche Angaben beschränkt.

Wird die Aufnahme der Berichtigung verweigert, so wird der Redakteur nach § 19 bis zu 150 Mark oder bis zu sechs Wochen Haft bestraft.

Die Übertretung verjährt in drei Monaten ohne Rücksicht, wann der Verletzte von dem Artikel Kenntnis erhielt.

Die verlangte Berichtigung wird der Verletzte am besten schriftlich beantragen. Sie muß sich auf die Widerlegung der nach der Meinung des Verletzten unrichtigen Tatsachen beschränken, sonst kann die Aufnahme abgelehnt werden. Wegen dieser Beschränkung auf Tatsachen werden oft Redakteure freigesprochen. Der Beleidigte ist leicht versucht, sich auch durch Ausführung seiner Anschauung zu verteidigen. Damit tritt er aber aus dem Rahmen des § 11 des Preßgesetzes heraus.

Aber auch, wenn die tatsächliche Berichtigung aufgenommen wird, finden sich vielfach daran angeknüpft wieder neue Ausführungen, in denen der Berichterstatter seinen Standpunkt zu rechtfertigen, oder seinen Irrtum zu beschönigen sucht, wie denn überhaupt bei mancher Presse sich keine große Neigung zeigt, dem Angegriffenen in vornehmer Weise gerecht zu werden.

Ich habe selber solche Fälle mit erlebt und kann den Künstlern nur raten, wenn sie von der Kritik eines Ignoranten fortgesetzt betroffen werden, sich solidarisch zu erklären und durch die Presse, sowie in öffentlichen Vorträgen das geistige Niveau eines solchen „Kritikers“ unter Nennung seines Namens zu beleuchten. Das hilft.