Seite:Hermann Drahten Der Rechtsschutz des bildenden Künstlers 1908.pdf/73

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Heitere Beispiele von Kritikerleistung befinden sich in dem Jahrgang I der „Werkstatt der Kunst“, Seite 474, Jahrg. II, Seite 7, 229 und 408, wo man auch ersehen kann, wie man auf solche Dreistigkeiten antworten muß.

D. Unzüchtige Handlungen – Lex Heinze. Grober Unfug.

Das deutsche Strafgesetzbuch bestimmte in § 184:

„Wer unzüchtige Schriften und Abbildungen oder Darstellungen verkauft, verteilt oder sonst verbreitet, oder an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, wird mit Geldstrafe bis zu 300 Mark oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft.“

Durch die sogenannte lex Heinze vom 25. Juni 1900 erhielt dieser Paragraph folgende Fassung:

„Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 1000 Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer

1. unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen feilhält, verkauft, verteilt an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, oder sonst verbreitet, sie zum Zwecke der Verbreitung herstellt oder zu demselben vorrätig hält, ankündigt oder anpreist;
2. unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen einer Person unter 16 Jahren gegen Entgelt überläßt oder anbietet“

und es wurde im § 184a hinzugefügt:

„Wer Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblich verletzen, einer Person unter 16 Jahren gegen Entgelt überläßt oder anbietet, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 600 Mark bestraft.

Was ist unzüchtig, was schamverletzend?

Was unzüchtig ist oder das Schamgefühl verletzt, kann nur nach den sittlichen Anschauungen des Volkes beurteilt werden, und der Künstler muß diesen Anschauungen Rechnung tragen, wenn er nicht mit den Polizeibehörden und Gerichten, die über die Aufrechterhaltung von Zucht und Sitte im Volksleben zu wachen haben, in Konflikt geraten will.

Aber auf diese Anschauungen des Volkes erzieherisch einzuwirken, sie künstlerisch zu bilden und nicht alles unwidersprochen zu lassen, was Mucker und Philister über diesen Punkt denken, ist ein gutes Recht der Künstlerschaft, und sie hat ein um so größeres Interesse daran, hierzu Stellung zu nehmen, als die Verhandlungen im Reichstag über die lex