„Du, Toni, in welchen Beziehungen mag Johanna Sebus denn eigentlich zu diesem Städtchen gestanden haben?“
„Ihr Bruder war mit Blücher zusammen auf Quinta,“ suchte Toni Bender die Frage abzutun, „und Blücher ist doch der Stadtheilige hier.“
Davon hatte ich noch nie gehört und äußerte einigen Zweifel dieser Behauptung gegenüber.
Toni Bender wurde die ganze Angelegenheit riesig lästig.
„Immer deine Spitzfindigkeiten, die stehen mir schon am Hals heraus,“ grollte er.
„Ich möchte das doch gerne wissen; ich werde jemand fragen,“ entschloß ich mich.
„Wirst dich nett blamieren mit deiner Ignoranz,“ nörgelte Toni weiter; „ich wüßte aber auch wirklich nicht, was mir annähernd so gleichgültig wäre, wie die Frage, warum heute hier geflaggt ist.“
Der Steuermann Jonas Rüderke kam uns entgegen. Den fragte ich.
Er war im höchsten Grade erstaunt: „Na, das wissen Sie nicht? – Frau Turbine Muhlmann hat heute Geburtstag.“
„Ach ja, natürlich,“ verstellte sich Toni Bender; „ich habe es dir ja direkt gesagt,“ wandte er sich an mich.
„Da hast du dich mal wieder nett blamiert,“ fuhr er fort, als der Steuermann weg war.
Beklommen schwieg ich. Turbine Muhlmann – davon hatte ich noch nie gehört. Ich strengte mein Hirn vergebens an. Sollte ich, der ich mir wirklich mit Recht
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/020&oldid=- (Version vom 1.8.2018)