und Familie Murmel das Haus Salvatorstraße 72 erreichten. Es war fast unmöglich, durch die ungeheure Menschenmenge und die Ansammlung der Fahrzeuge, die noch immer die Straße füllten, durchzudringen. Sie waren stutzig geworden, es packte sie eine stille Vorahnung von nichts Gutem. Würde man wohl mit Sicherheit in der behaglich eingerichteten neuen Wohnung das zugesagte Abendbrot und die garantierte Behaglichkeit finden? Es sah nicht danach aus. In wachsender Angst schauten die Mieter diesem seltsamen, nutzlosen Treiben der zwanzig Männer zu. Was ging hier vor? War es ein Spuk? Stöhnende Fragen, entsetzte Zurufe prallten ungehört an der ehernen Indolenz der Möbeltransporteure ab. Unerbittlich wie das Schicksal setzten sie ihr Tun fort. Soeben war wieder Murmels Sofa in der Haustür erschienen, die Rosen des Überzuges hatten im Mondlicht eine fahle Farbe. Mit gellem Geschrei fielen Mutter Murmel und ihre Töchter über ihr Sofa her und liebkosten es wie einen lieben Freund. Es stellte für sie in dieser verlassenen Lage die Quintessenz trauten Heimes dar. Oberlehrer Küllekopp versuchte in einer langen, mehrere Stunden dauernden Rede in gutem Deutsch, die er zur besseren Übersicht in verschiedene Abschnitte, mit a, b, c, d, e, f, g und weiteren Buchstaben, mit römischen Zahlen und arabischen Ziffern bezeichnet, einteilte, den zwanzig ungehemmten Männern das Unlogische ihres Tuns klar zu machen. Aber vor dieser unheimlichen Unerschütterlichkeit wurde er heiser, resignierte er schließlich völlig ermattet. Er kletterte mit seiner Familie auf sein Klavier, wobei er mit den Füßen
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/172&oldid=- (Version vom 1.8.2018)