Augen empfing die Gäste. Er nahm ihre Garderobe mit schmutzig-weißen Wollhänden entgegen. Er verstand es, die abgelegten Kleidungsstücke sinnvoll durcheinander zu hängen, Hüte an wildfremde Haken zu stülpen und Gummischuhe zu entpaaren.
An den Wänden eines der hellerleuchteten Festräume verrieten weniger verschossene Stellen auf der Tapete, daß hier sonst, den Umrissen nach, Betten, Waschtisch und andere Möbelstücke zu stehen pflegten.
Eusebius Nöll betrat den festlichen Raum mit der Sicherheit eines routinierten Gesellschaftslöwen. Er begrüßte das Ehepaar Leberthran mit einer tiefen Verbeugung und dankte devot für die ehrende Einladung.
„Kennen uns, kennen uns,“ sagte die Spitze der Stadt und schlug Eusebius Nöll jovial auf die Schultern. „Ihr Onkel, der Dompropst Meier, hat mir Erfreuliches über Sie gesagt, mein junger Freund!“ Eusebius’ Onkel hießen Nöll, und beide waren Pastöre. Leberthran hielt ihn für jemand anders.
In das Stimmengewirr hörte man ein fortgesetztes kurzes Klatschen. Das waren drei Einjährige von auswärts, die bei ihren Verbeugungen und, wenn sie sich vorstellten, krampfhaft die Hacken aneinanderschlugen.
Der Platzmajor, zwei Bezirksleutnants und die drei Einjährigen stachen erfreulich ab von der Eintönigkeit der schwarzbefrackten Zivilisten.
Man ging umher von einem zum anderen und stellte sich einander vor, murmelte dabei, niemandem verständlich, seinen Namen. Man hätte gerade so gut einfach: wöwöwö sagen können. Das hätte genügt.
Hermann Harry Schmitz: Buch der Katastrophen. Kurt Wolff Verlag, Leipzig 1916, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz-Buch_der_Katastrophen-1916.djvu/190&oldid=- (Version vom 1.8.2018)