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daß das Blut Jesu Christi von den Sünden frei mache, als „lutherischen Spezialtrost“ dankbar und gläubig hin nehmen, mit den Studierenden zu Tübingen ernste Gemeinschaft haben, vor allem aber in den Kreisen der Erweckten, für deren Gefahren er das offene Auge und Wort sich bewahrt hatte, Wurzel schlagen und das manchfache Edelgut in ihnen ehren und bewahren, ohne doch Rost und Mängel zu verkennen. Er tadelt es ernstlich, wenn man um der Sünden der Geistlichen und der Zuchtlosigkeit der Gemeinde willen, wegen des Apap (der umgekehrte Papa)[1], des Staatskirchentums und seiner Schäden von der Kirche als von einem Sumpfe rede, in der nur Frösche quaken. und schreien, während es ein Teich mit manchen edlen Fischen sei, will nicht die Kirche verlassen, weil sie ein gebrochenes und schadhaftes Schiff ist, sondern ihr neue Kraft erbitten und erarbeiten, lobt auch nicht die Flucht vor ihr und aus ihr, als ob dies ein Vollmaß von Treue wäre, sondern heißt die Gemeinschaft der Stillen, der Beter und Getreuen ein Salz und Licht für die Kirche werden. Wie warnt er vor dem Hochmut und der Sattheit der Besitzenden in der Kirche, aber auch vor dem lieblosen Urteil derer, die so viel der Kirche sein könnten, wenn sie ihr Urteil über sie zu einem Gebet für sie wenden wollten. So recht in der Mitte zwischen Überschätzung der Kirche nach dem achten Artikel unseres Augsburgischen Bekenntnisses und der Unterschätzung ihrer Wesensgestalt trotz aller Schatten und Flecken nach dem siebenten Artikel konnte er die arme Gestalt der Kirche tragen, weil sein Herr ihn trug und sie noch litt und duldete, mit seinem Worte und Sakramente noch bei ihr weilte, und sie trotz ihrer Untreue die Seine heißt. Er fragt wohl, ob jemand noch des Namens Jesu Christi denken würde, wenn er sein heiliges Nachtmahl nicht gestiftet hätte mit dem treu meinenden „Zu meinem Gedächtnis“, aber weil das Herrenwort noch verkündet und seine Stiftung noch verwaltet wird, will er das Beste der Kirche hoffen und suchen. Vielleicht sind jetzt die Tage noch schwerer als zu Zeiten des teuren Mannes, die Kirche scheint noch mehr ins Weltwesen verflochten, das Gebetsleben erkaltet, der Ernst der Heiligung


  1. Papst.
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Hermann von Bezzel: Albrecht Bengel. Verlag der Evang. Gesellschaft, Stuttgart 1916, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Albrecht_Bengel.pdf/10&oldid=- (Version vom 9.9.2016)