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stärkt und tröstet. Winnenden und Tübingen, Kloster Denkendorf und Herbrechtingen, endlich Alpirsbach bezw. Stuttgart waren die Stätten seiner Tätigkeit, die nur in jungen Jahren durch eine Studienreise auch an die Schule zu Kloster Heilsbronn bei Ansbach, nach Nürnberg und seine Universität Altdorf unterbrochen war. 28 Jahre lang Lehrer von über dreihundert Jünglingen, die er durch den Vorhof der Sprachen in die Heiligtümer der Geschichte und das Allerheiligste der Schrift eingeführt hat. Seelsorger und Prediger, pünktlich und treulich als Rat im Konsistorium, hat er seinem engeren und seinem ewigen Vaterland die Treue gehalten. Gegenüber der Vielgeschäftigkeit unserer Tage, ihrer Kongresse, Tagungen, Sitzungen, Veranstaltungen, in denen man die Jahre zubringt wie ein Geschwätz, und angesichts der Vielseitigkeit, welche gesunde Einseitigkeit Borniertheit nennt, überall zu finden ist, zu raten weiß und zu wirken sich beeilt, ist diese fides in parvis, die Treue im Kleinen, „eine heroische Tugend“. Sie will nur Eines und dieses Eine ganz, sie beschränkt sich auf die Tiefe, weil sie der Weite mißtraut, hält es für echt lutherisch, zu schweigen zu seiner Zeit und auch zu seiner Zeit zu reden, das Seine im engen Raume des Berufs zu tun und die Lektion zu lernen, die ein Tag bringt und der andere nimmt. Luther hat ein mal gesagt, nach seinem Tode kämen die gewaltigen Feinde an die Pforten der Kirche: Undank, Weisheitsdünkel und stolze Sicherheit. Bengels Leben ist Ein Dank gegen Gott, heilsame Demut und frohe Gewißheit. Recordatio, an betende Erinnerung, respicentia, ernste Selbstbesinnung, und prima opera, die ersten Werke, werden von ihm nach Offbg. 2, 5 empfohlen, auf welchem Wege man zur ersten Liebe, zur Jugendfreude an und zum Jugendglück in Jesu gelange. Während des Kriegs und nach ihm wird mancher Neubau aufgeführt, aber nicht auf altem Grund, manche Großtat vollbracht, aber ohne den Herrn der Wahrheit und Klarheit, ohne den man vielgeschäftig sein, aber nichts tun kann. Was alles im Namen Luthers und unter der Firma des Protestantismus ersonnen, erbeten, gesprochen werden wird, wer mag’s verstehen? Aber die Seele des Knechts ist stille zu Gott, und sein Auge schaut allein auf den, der die Stillen liebt.

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Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Albrecht Bengel. Verlag der Evang. Gesellschaft, Stuttgart 1916, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Albrecht_Bengel.pdf/7&oldid=- (Version vom 9.9.2016)