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waren. Wenn nur der Sohn weiß, daß der Vater ihn an die Aufgabe und diese an ihn wies, dann ist alles Schwere überwunden, vergeben und vergessen. Sie waren dein, darum sind sie mit wert, und sie sind mein, darum seien sie dir teuer.

 Denn sie haben dein Wort behalten, das Gebot mit Zittern und in viel Untreue, die Verheißung mit Sehnen und hoffender Geduld durch viele Irrung. Sie haben das Wort oft nicht nach Gebühr geschätzt, nicht ihre höchste ja einzige Freude sein lassen, aber sie haben es im tiefsten Herzensschrein bewahrt und durch Sünde und Schuld durchgerettet. Wenn sie es aber bewahrten, dann erschien ihnen das Gebot so starr und die Verheißung so fern: in ihrem Leben stritt das Gesetz der Sünde mit der Hoffnung des Lebens, jenes drohte ihnen den, dem sie von Gott gegeben waren, zu verdunkeln, als ob er ein neuer Gesetzgeber und schreckhafter Tyrann wäre, diese drohte zu ersterben, weil der Verheißene so lange ausblieb.

 Aber trotz allem blieben sie beim Worte, weil sie wußten, dieses allein sei das Band, mit dem Gott an ihr Leid sich gebunden und ihre Gebete an sich gefesselt habe.

 Darum ist es das feinste Zeugnis, das der scheidende Herzenskündiger den Seinen geben kann, daß sie den Schatz des Wortes nicht preisgaben und in dem einen Stücke dem gleich waren, der seinen Gehorsam auf das urkundliche „Es steht geschrieben“ gegründet und wider alle Anfechtungen dadurch gestählt und gestärkt hat. In seinen Mund hat Gott das Wort gelegt, also daß er ihm zur Lebensspeise und zum Inhalt seines Denkens und zum Gegenstand seines Zeugnisses wurde: Meine Rede ist nicht mein.

 Daran aber wird die Jüngerschaft erkannt, daß sie den Geber und seine Gabe und diese um des Gebers willen erfaßt und bewahrt. Die Seinen erkennt Gott an der Treue zu ihm und dem, was in ihm und von ihm ist. Letztlich heißt Bewahrung des Wortes Glaube an Jesum, Innigkeit mit ihm, und seine Folge ist Einheit des Vaters mit dem Sohne im Herzen des Jüngers.


Nun wissen sie, daß alles, was du mir gegeben hast, sei von dir.

 Dieses gewaltige Neue ist die Frucht der Treue und ihr sehr großer Lohn. Weil sie das Wort bewahrt haben, wider alle Zweifel und trotz aller Schwachheit sich auf das Wort bezogen und an seine gewaltige Kraft sich hielten, ist ihnen ein unerschütterliches Vertrauen zu dem Worte beschert und die Erkenntnis geschenkt worden um welche Könige und Propheten sie beneiden, die aber dem einfachsten Gläubigen nicht vorenthalten wird, daß alles, was der Vater dem Sohne gegeben hat, wirklich auch vom Vater stammt.

 Wie oft kommt die Seele das Bedenken an, ob dieses Wort Jesu wirklich noch zeitgemäß sei, ob es nicht vielmehr nur aus den Verhältnissen verstanden werden müsse, in denen es gesprochen ward.