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um Mitternacht kommt, so daß das „Wachet“ zur heiligen Pflicht wird, oder ob er die letzten Dinge im Völkerleben ausdeutete, da Zeichen und Zeiten wider einander stehen und Himmel und Erde vergehen – immer ist es das Wort des Vaters in seiner seligen Klarheit und mächtigen Gewalt, das er den Seinen bringt.

 Wie reich sind sie geworden, da sie sein Wort haben, für die Zeit Stecken und Stab, für die Ewigkeit Szepter und Gewalt, – und wie haßte und haßt sie die Welt. Daß sie an ihrer Philosophie nicht teilnahmslos, aber unbeteiligt vorübergehen, ihre Gerüste abbrechen lassen, ohne zu ihrer Erhaltung die Hand zu rühren, Torheit des Kreuzes und die Armut des eignen Lebens verkünden, welche nun von der Gnade gewendet und geendet werden kann, das erregt ihren Haß. Und weil sie den Herrn gescholten hat, so wird sie seine Diener auch schmähen. Von denen das hellste Licht ausgeht, das die Sünde straft und die Liebe verkündet, die heißt die Welt Finsterlinge. Die in Christo höchste Weisheit verborgen wissen, sollen aller Aufklärung abhold sein. Ihr seid das Salz der Erde, kräftig genug, um Würze des Geschmacks und stark genug, um Schutz vor Zersetzung zu sein, – aber die Welt nennt sie dumpf und stumpf.

 Wieder zeigt der scheidende Herr den ganzen Ernst des Leides, das der Jünger wartet, nachdem er dem Haß der Welt, der ihn ans Kreuz und ins Grab bringt, entronnen sein wird. Ihn wird bald keine Qual mehr anrühren und Schmerz und Seufzen wird wegmüssen. Aber die Nazarener, die Christianer, die Lutheraner trifft der Haß der Welt umso unmittelbarer, je mehr sie der Welt Bestes suchen und wollen.

 Ernst Moritz Arndt hat einst die Dornen Christi, wenn die Welt Jesu Braut anficht, ihre „Ehrenröselein“ genannt. So tröstet der Herr ja die Seinen über die Wehetat, wenn sie verlästert und verfolgt werden: so teilen die Glieder die Schmach des Hauptes, so wird Christenschmach Christusschmach, und der Geist der Herrlichkeit ruht auf den Verfolgten.

 Gottes Wort haben und der Welt Haß ernten – wie leicht hört sich das an! Wie schwer aber fällt die Frage dem aufs Herz, der zwar Ignorierung seitens der Welt empfindet, die oft noch schwerer ist als offner Haß, aber die Weltfeindschaft noch nicht verkostet: Habe ich denn nicht Gottes Wort, predige ich das Meine, rede ich schön, um zu schonen und lind, um geliebt zu werden?

 Oder ist mein ruhevolles Leben ein hartes Zeugnis wider mich? „Rette mich aus der ungewissen Ruhe, mache den Gedanken bange, ob das Herz es redlich meine. Wer nicht gehaßt wird, der hat nicht Jesu Partei ergriffen.“


Sie sind nicht von der Welt, wie denn auch ich nicht von der Welt bin.

 Zweimal betont diese Erkenntnis der Herr, der die geheimsten Zusammenhänge von Grund und Folge durchschaut und ermißt, der