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Haß der Welt trifft den zuerst, der sie zur erlösen gekommen ist, weil sie nicht gebunden, nicht befreiungsbedürftig sein wollte. Daß ein Armer kam, um sie zu bereichern, ein Schwacher, um sie zu stärken und ein Verachteter, um sie zu Ehren zu setzen, das verdroß sie. Darum hat sie den Armen am Kreuze so verächtlich gemacht und den Schwachen unter die Übeltäter gerechnet, und den Verachteten verflucht. Am dritten Tage aber ist er von den Martern allen erstanden. Von der Welt ist er nie gewesen, hat keinen Zug aus ihr, denn die ganze Welt liegt im Argen, in seinem Mund aber ist kein Betrug erfunden. In ihm waren die größten Gegensätze vereint, weil er trug, was er nicht verschuldet, und litt, was er nicht verwirkt hatte. Aber der Gegensatz zwischen Wollen und Tun, dem Fleisch und dem Geist, fand sich nimmer bei ihm.

 Wie hätte ihm darum die Welt alles nachgesehen: Strafrede und Drohwort, Eigenart und Flucht von ihr, wenn sie nur einen Hauch ihres Geistes bei ihm verspürt hätte, und wäre es nur ein unreiner Gedanke, ein ungutes Wort gewesen. Aber der Fürst dieser Welt kam prüfend, spähend, versuchend, drohend und verheißend, lockend und spottend, und mußte ihn immer wieder lassen, denn er fand und hatte nichts an ihm. Darum haßt er ihn als seinen grimmigsten Feind, der gekommen ist, daß er die Werke des Teufels zerstöre.

 Die Werke des Teufels in den Jüngerherzen, die Jesus der Welt entnahm, deren Gewinn dem nichts hilft, der Schaden an seiner Seele nimmt. Ihnen hat er seine Güter angeboten, nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem heiligen Geist, sie hat er nicht an eine zu genießende, sondern an eine zu erobende Welt gewiesen. So sprechen sie zu der ewig sich dünkenden, daß sie mit ihrer Lust vergehe, und zu der glänzenden, daß sie weinen und heulen werde, und drohen ihr mit Vernichtung, wenn sie nicht den annimmt, der ihre Sünde trägt. –

 Sie weiß zu hassen, was sich nicht von ihr lieben läßt noch sie anders als mit Mitleid liebt. Sie hat ein feines Gefühl für alles ihr Wesens- und Wahlverwandte und pflegt und schont seiner. Sie läßt das Christentum weltförmiger Art, alle Pflege des Ich und alle Liebkosung des Ich sich gerne gefallen und nimmt als Ornament, was ihr zum Gegensatz bestimmt war. Sie will auch der „Rechtgläubigkeit“ Raum geben, wenn sie nur nicht in den Ernst des heiligen Lebens zwingt und ist tolerant, wenn sie herrschen darf.

 Aber Jünger Jesu wollen und können nicht sich abdingen und abdringen lassen, das „Rein ab und Christo an“ zwingt sie, die weltlichen Lüste, all diese Sympathien mit der Welt zu verleugnen. So wird ihr Weg schmäler und die Pforte enger und das Ziel schwerer. Aber die Mühe lohnt sich. Während Weltart im Wandel und Wechsel versinkt, bleibt, der den Willen Gottes tut, in Ewigkeit.