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um dies Wort zu tun ist. Für die Jünger der Jünger (Hebr. 2, 3), für den von dem kleinen Kreise über das Völkermeer sich weiternden und vergrößernden Kreis bittet der Herr. Es ist ihm eine liebe, hehre Arbeit, mit der apostolischen immer Schritt zu halten, ihre Wege zu begleiten. Ich bitte für sie. Und wenn ihre Wege enden, will ich weiter mit den andern gehen, daß eher die Menschengeschlechter vergehen, ehe meine Fürbitte für die auf dem Herzen getragenen Seelen abläßt.

 Für die widersetzliche und mit Willen gegen ihn sich abschließende Welt (V. 9) bittet er nicht, aber für alle, die glauben wollen und glauben werden. So gedenkt er, der den Missionsbefehl gegeben hat, auch ihrer Tätigkeit und ihres Erfolges. Und durch die Nöte des Abfalls von ihm, die er kennt und beklagt, durch die Sorge über Verkürzung, Verschweigung und Umdeutung des alten Trostes weiß er dem Jüngerwort sein ganzes Zutrauen zu schenken. Es bleibt echt und es ist von Erfolg.

 „Ihr Wort“ – wie großartig und weitherzig ist der Herr, wenn Jünger missionieren. Ihnen schreibt er nichts vor, sind sie doch sich selbst ein Gesetz, da sie nichts andres können als von ihm reden. Ihr Dienst, Sieg und Erfolg in seinem Gebet – damit ist dem Amte, das die Versöhnung mit Jüngerlippen predigt, der größte Sieg gegeben: Seelen werden von Menschen für Gott gewonnen.


Auf daß sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir, und ich in dir, daß auch sie in uns eins seien, auf daß die Welt glaube, du habest mich gesandt.

 Jünger und Jüngergemeinden, Apostel und apostolische Siege, Hirten und Herden, von einer Liebe des Erzhirten umfaßt, durch ein Gebet getragen und geschützt, ja geradezu ein Gedanke im Herzen Jesu, bei dem die zeitliche Folge und das Nacheinander der Jahrhunderte die Einheit des Bildes nicht stören können, sollen – darum bittet der Herr – gerade durch dies Gebet fest aneinander geschlossen, treu miteinander verbunden werden. Sie sollen nicht Einer sein, was öde Einförmigkeit und Aufhebung des individuellen Rechtes wäre, also daß Erlösung Vernichtung des Schöpfungsgedankens, der jeden einzelnen eigens ins Leben sendet, sein müßte. Jünger und ihre Gemeinden sollen ihre Eigenart, ihre Einzelerfahrungen, Erlebnisse und Lebenswege bewahren, wenn und weil sie in Herkunft und Ziel eins sind. Aus dem Worte geboren, aus dem lebendigen, das ewiglich bleibt (1. Petr. 1, 23), und zu dem Erbteil der Heiligen im Lichte bestimmt, wahren sie sich um des Anfangs wie des Ausgangs willen ihre Selbständigkeit, welche von der Wiedergeburt erst recht verklärt wird; der Mensch in Christo ist in sich ganz bestimmt. Aber Eines sollen sie werden, eine Gemeinschaft der Heiligen und von Heiligen, nicht zerrissen und zerklüftet wie dort die