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ist, daß jetzt das Auge sie nicht überschauen und nur der Glaube in Demut sie fassen kann. In die friedlose Welt ist der Friede Jesu Christi, die Gnade Gottes, die durchheiligende und erfüllende Kraft des heiligen Geistes eingesenkt, so ist die Arbeit an ihr getan.

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 Darum und damit ist die Stunde der Verklärung gekommen, die Niedrigkeit soll wieder in die Herrlichkeit und die Knechtsgestalt in die Majestät versetzt werden. Es ist geschehen, was der Vater befohlen hat. So soll auch geschehen, was der Vater verhieß. Darin aber besteht die Verklärung, daß die Treue zu Ehren komme als die größte Kraft im Himmel und auf Erden und der Gehorsam nicht als Knechteszwang, sondern die gottgefällige Freiwilligkeit und das Leiden als Segen erklärt und bestätigt werden. Bisher hat die Welt Treue als matte Gewohnheit verachtet, deren ein Mann sich schämen muß, und das Verlangen nach Neuem als das einzige gepflegt, was vor Stumpfheit behüte. Fortan soll sie sehen, daß es nichts Größeres gibt als Beharrlichkeit auf dem gottgewiesenen Wege, dessen Herrlichkeit dem sich auftut, der nicht in die Weite blickt, ob sie Freude bringe, noch zur Tiefe hinabsieht, ob nicht zu viel Leid in ihr sei, sondern einfach Schritt für Schritt geht und den Erfolg dem anheimstellt, der recht richtet. Wo ein zerstoßenes Rohr des Gärtners und der pflegenden Hand wartet und der unter die Mörder Gefallene nach Hilfe aufblickt, da kehrt die ihres Wegs gewisse Treue helfend und heilend ein. In der Gleichförmigkeit der Aufgaben, die doch durch Zeit und Ort und Art so verschieden sind, liegt ihre stille Herrlichkeit. Wer Abwechslung als Reiz des Lebens sieht, den flieht sie. Wer sie nicht begehrt, dem wird sie zur Stärkung und zur Erquickung. Denn über dem alten Weg ist die Gnade alle Morgen neu. Gehorsam ist knechtisch, so meint die Welt, die dabei ihrem Ich dient und von sich nicht los werden kann und an sich stirbt. Aber Jesus zeigt, und die Welt soll es wissen, daß in der Hingabe des Willens an den Höchsten ein Leben liegt, welches stärkt und stählt und verklärt. Wie viele Fragen, die das Herz beschweren und beunruhigen und jedem Einflusse unterwerfen, hat der, der den Gehorsam nicht kennt. Er weiß nicht, was der Wille Gottes ist, aber der Gehorsam kennt ihn durch die Übung und merkt in allem seines Gottes Spur. Es gibt sich hin, nicht weil er muß, sondern weil er es über sich gewonnen hat, und gibt alle seine Kräfte dem, der sie ihm lieh, einzig darüber froh, daß er zu den Gedanken Gottes stehen und ihre Verwirklichung finden darf. Ich bin gekommen zu tun, Gott, deinen Willen. Frei von sich sind sie auch frei in sich; und los von der Welt sind sie frei für deren Sorgen. Daß dabei Leiden einkehren, weiß der treue Diener Gottes; aber Leiden ist nicht Last, sondern Kraft. Er hält alle Gedanken auf das Eine gerichtet, lehrt auf die Heimlichkeiten merken, die aus der Erde entwurzeln und in die Heimat versetzen und Wolken der Nacht heraufziehen lassen, damit desto heller Gottes Sterne leuchten: Leiden ist nicht Verneinung,