Seite:Hermann von Bezzel - Der 1. Glaubensartikel.pdf/106

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dir versäumt habe. Und dann ließ er dich klagen, ließ auch deine Anklage gegen sich selbst zu, gab dir Erlaubnis das, was du an ihm schwer empfindest, ihm zu sagen. Und auf einmal wurde es deiner Seele wieder leicht; du merktest wenigstens, daß er ein Gott der Geduld ist. Und dann danktest du ihm, daß er nicht, wenn du ihm aufkündigen wolltest, dies zuließ, daß er nicht die oft gebotene Gelegenheit dich zu verwerfen benützte, und rühmtest ihn, daß er nicht nach Verdienst, sondern nach Gnade mit dir handelt. Und das alles, so stimmen Volk und Kirche und die einzelne Seele in dieser Abendstunde des scheidenden Kirchenjahres überein, und das alles aus lauter väterlicher göttlicher Güte und Barmherzigkeit.

 Nicht, daß er mich gebraucht hätte oder daß er meine Arbeit um ihn hoch hätte anschlagen müssen, nicht, daß er mich vermißt und ohne mich Mangel gehabt hätte. Nein, du hast ihn nicht mit deiner Arbeit erfüllt und erquickt, aber ihm hast du Arbeit gemacht mit deiner Sünde. (Vgl. Jes. 43 24.) Aus lauter Güte – ohne jede Verpflichtung, aber auch ohne jede Spur von Interessiertheit: Er leiht und empfängt nichts; er gibt und verlangt nichts; er schenkt und erwartet nichts. Er ist froh, geben zu können. Das ist die lautere Liebe, die darin groß ist, daß sie gibt, wie die Sonne nicht dadurch ärmer wird, daß sie leuchtet. Das ist die väterliche Liebe, die sich über all die Seinen erbarmt ohne Aufhören und ohne Dank.