Seite:Hermann von Bezzel - Der 1. Glaubensartikel.pdf/12

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so wird es stolz und übermütig. Wenn es merkt, daß die Wahrheit ihm schadet, wird es verschlossen; wenn es sich bewußt wird, daß Zärtlichkeit ihm nützt, wird es schmeichlerisch; gewinnt es den Eindruck, daß diese und jene Rede es interessant macht, so wird es eitel. Wie viele Eltern haben, indem sie ihr Kind über Gebühr lobten, aus dem Gottesgedanken eine Karikatur gemacht, die später wie ein trüber, schwerer Nebel auf dem Haus und dem Herzen der Eltern lastete. Das Kind, das frühzeitig angeleitet wurde, seine Gaben zu zeigen, mit seinen Künsten zu prunken, wird im spätem Leben tapfer Rollen spielen und wird nie mehr sein selbst sein. Der Mensch denkt und je mehr er denkt, desto stürmischer pochen an das bisher gewahrte und befestigte Herz die Zweifel. Sobald das Kind denkt, beginnt es zu zerstören. Ihr wißt es alle, die ihr Kinder kennt, wie eine der ersten Tätigkeiten des Selbstbewußtseins der Zerstörungstrieb ist; wie das Kind um hinter die Dinge zu kommen alles vernichtet und so selbständig werden will. Dann kommen die Zweifel. Bisher hat das Kind gebetet, weil die Mutter es lehrte, vielleicht ihm, wenn es eine rechte Mutter war, nie den Abendgruß bot, ehe es gebetet hatte. Bisher hat das Kind gelernt mit jemand reden, den es nie gesehen hatte, von dem es nur sehr viel hörte. Und nun beginnt es auch dieses Gut zu zerstören: Wo ist der, den ich nie gesehen habe? Wer ist der, den mein Auge nie erblickt? Wie ist der, von dem ich so viel hörte? Aus dem scheinbar