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 So ist es: dann kann uns niemand scheiden! Denn der Glaube des ärmsten Kindes, das mit Tränen im Auge, wenn es ins Waisenhaus kommt und die Türen des Vaterhauses sich hinter ihm schließen, spricht: Vater und Mutter haben mich verlassen, aber der Herr nimmt mich auf! (Ps. 27 10) ist eine Heldentat, vor der all die kriegerischen Taten, so hoch wir sie auch werten, verblassen. Dies Kind hat den Mut gewonnen, der Wirklichkeit ins Angesicht zu schlagen und zu sprechen: Aber der Herr nimmt mich auf!

 Und wenn ein armes Weib, vielfach betrogen von dem Manne seiner Jugend und seiner Liebe, noch für ihn betet und für ihn hofft, obgleich all sein Hoffen zuschanden ward, weil es den kennt, der die Herzen der Menschen kennt und wendet, so ist das ein Sieg, vor dem die Siege, die größten Siege jetzt, zerwehen. Ich sage nicht, daß jeder willensstarke Mensch glaubt, aber darauf bestehe ich, daß jeder gläubige Mensch willensstark ist.

 Ich glaube! Es kommen Stunden, wo alles entfällt, und wo es uns eine Wohltat wäre, wenn uns jemand beweisen könnte, daß das, was wir glauben, nichts ist. Denn dann hätten wir keine Verantwortung mehr und keine Rechenschaft und mit dem Tod wäre es vorüber. Es kommen Stunden, in denen alle Glaubens- nicht -sätze, nicht -lehren – davon redet der Christ nicht – sondern alle Glaubensgrößen versinken. In diesen Stunden schenkt Gott – und das ist eine besondere