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Gnade, das zu geben sie sich gleichwohl verpflichtet hat. Du kannst dir den Glauben nicht geben, und wenn du mit vieler Mühe in die Erde hinabführest, und mit viel Anstrengung in den Himmel stiegest. (Röm. 10 6. 7.) Und wenn du alles wüßtest, und alles erkenntest und alles enträtseln würdest, das wäre dennoch kein Glaube. Und wenn du Glauben hast und möchtest einen Menschen, den du liebst mehr wie dich selbst, gläubig wissen und gläubig machen, ihm deinen Glauben nur auf einen Tag leihen, du kannst es nicht.

 Der Glaube ist die große Freundlichkeit der Gottessonne, mit der sie alles, was zur Sonne will, hervorlockt. Blick empor, damit ich hinabsehe; blick hinan, damit ich dich erblicke! Es geschieht der erste Schritt des Glaubens nie von unten nach oben, sondern immer von oben nach unten: Es bricht mir das Herz über dir, daß ich mich deiner erbarmen muß. (Jes. 31 20.) So weckt Gott im Menschen die wunderbare Gewalt des Verlangens: Herr, daß ich glauben könnte! Und das Gebet: Stärke meinen Glauben! (Lk. 17 5) und das andere: Hilf meinem Unglauben! (Mr. 9 24.) Und auf einmal steht der Mensch in einer ganz andern Welt als der, der er angehört. Er steht in der Welt des Unsichtbaren und bewegt sich in ihr weit sicherer, als er sich je in der Welt der Sichtbarkeit bewegen konnte und wollte. Er findet da, wo andere Grundlosigkeit fürchten, einen Grund, der seinen Anker ewig hält; denn er glaubt.