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Narrheit, weshalb ein Philosoph des neunzehnten Jahrhunderts sagte, Beten sei eine Kinderei, und der Mensch, der beim Beten überrascht wird, werde rot, weil er Kindisches tue; Beten sei Reden in leere Fernen. – O nein, Beten ist ein Reden mit dem, der uns so nahe ist, näher als die Luft, die uns umgibt. Beten ist nicht ein frommer Selbstbetrug, dem das Kind sich hingeben kann, dessen aber der Mann sich schämen müßte, sondern Beten ist die größte Willenstat, mit der ich ins Unsichtbare hinein meine Seele und meine Kraft stelle und spreche: Sei du mir nur nicht schrecklich, meine Zuversicht in der Not. (Jer. 17 17.)

 Aber Glaube ist nicht nur ein Beweis von Dingen, die man nicht sieht, sondern auch eine Überzeugung von Dingen, die man hofft; oder, wie es wörtlich heißt, ein heimlicher Besitz von Dingen, die man hofft. (Hebr. 12 1.) Was du hoffst, hast du noch nicht, es gehört der Zukunft an. Aber der Glaube hofft so stark, daß das Gehoffte schon Besitz ist. Er hat es, es steht vor der Türe, heimlich tritt es ein. Du hoffst, daß in deiner Todesstunde er sich deiner annehme und zu deiner Seele spricht: Fürchte dich nicht! Und diese Hoffnung hält dich so fest, daß der Gedanke an den Tod zwar nicht seinen Schauer verliert, aber immer wieder in eine Klarheit und von der einen Klarheit in die andere gerückt wird. Neben dem Weh sieht der, der es überwindet.

 So, Geliebte, wollen wir heute auseinandergehen mit drei Bitten. Die erste sei: Rede, Herr, dein Knecht