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oft vielleicht nur handbreit, aber er führt sie herrlich hinaus. (Jes. 28 29.) Wir kurzsichtigen und blödblickenden Menschen wissen manchmal nicht, warum gerade dieses und jenes ins Leben trat. Er aber spricht: Was ich jetzt tue, das weißt du nicht, du wirst es aber hernach erfahren. (Joh. 13 7.) Ein wundersamer Gott, der dem einen Menschen so reiche Tage beschert, die vor den Augen glänzen, und dem andern so schwere Tage gibt, die nur im Innern leuchten! Ein reicher Gott, der dem einen Menschen in der Arbeit fortfahren läßt, die nach außen wirkt, und den andern in die Stille des Krankenzimmers bannt, daß er innerlich wirke! Jeden führt er, nicht wie er will, sondern wie er es braucht.

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 Meine Gedanken, das sagt er gleich, sind nicht eure Gedanken. (Jes. 55 8, 9.) Das nimmt er uns weiter gar nicht übel; das ist so geordnet. Denn er kennt den ganzen Weg und wir nicht. Und eure Wege sind nicht meine Wege! Das will uns in die Demut und in die Angst führen. Eure Wege, die selbstgewählten, selbstgebahnten, selbsterschwerten, sind nicht meine Wege, sondern so hoch der Himmel über der Erde, unerreichbar und unvergleichbar, so hoch gehen Gottes Wege über der Menschen Gedanken und Gottes Gedanken über der Menschen Wege. Er weiß, was zu unserm Frieden dient und in dieser Weisheit stellt er die Blume, die nach der Sonne verlangt, in den Schatten, und die Blume, die den Schatten begehrt, in die Sonne, läßt er das eine Lebensbild langsam verblassen und das andere