Seite:Hermann von Bezzel - Der 1. Glaubensartikel.pdf/75

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

durch die Fluren gehst, rührt es da nicht deine Seele, wie viel Gräslein und Halme, Blätter und letzte Blüten sich rüsten, um zu danken? Kein Menschenauge kennt sie, in tiefer Waldeinsamkeit, wo kein Menschenfuß hinrührt, blüht dort an der Halde ein einsames Pflänzlein. Wer kennt es? Wer achtet sein? Aber es blüht, um zu danken. Weil es Sonnenschein empfing, gibt es Blüten zurück; weil es Liebe erfuhr, dankt es in Liebe. Ich meine, wenn der Mensch fromm werden will, muß er immer wieder in dies wunderbare Leben der Gegengabe hineinsehen draußen in der Natur. Wir Menschen in unsern besten Stunden, in unsern reinsten Gedanken müssen immer die Angst haben, daß in unsern Dank sich selbstsüchtige, eitle, verkehrte Gedanken hineinmengen. Da lernen wir es an der Blume, wie sie dankt nur dafür, daß sie blühen und welken darf.

 Also darum hat er einen Anfang gemacht, einen Anfang, von dem er nicht mehr zurückkonnte, nicht mehr zurück wollte, damit Myriaden von Geschöpfen sich in ihm freuen, damit seine Seligkeit nicht im Empfang ihres Dankes und Dienstes, sondern in der Gabe seiner Gnade und Kraft sich mehre. Daß er dich schuf, dich, der du ihm tausend Aufgaben stellst, viele Rätsel aufgibst, vielmals ihm entweichst, das ist nicht Allmacht, nicht Weisheit, das ist vor allem nicht Selbstsucht, sondern das ist Liebe.

 Was ist der Mensch, daß du seiner gedenkest? (Ps. 8 5.)