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welken, aber sie welken ohne es zu wissen. Aber der Mensch hat die Vernunft, um darüber nachzudenken, was sein wird, wenn er einmal nicht mehr ist. Und die Vernunft läßt sich nicht abweisen und dieser Gedanke, dieser kläffende Hund vor der Türe des Herzens, wird wohl manchmal verscheucht, doch er kehrt wieder, ja er kehrt wieder, dieser bittere Gedanke, in einsamen Stunden, an den Krankenbetten, an den Särgen deiner Lieben, an den Gräbern der Deinen, wenn der Leib krank und die Seele beunruhigt ist: Was wird dann sein, wenn ich nicht mehr bin? Eine wundersame Vernunft, daß, während alles um mich verfällt, ohne es zu wissen, ich selbst jeden Tag meiner Sterbestunde ins kalte, starre Angesicht sehen kann. Eine wundersame Vernunft, die mir sagt, es kann nicht sein, daß der Mensch mit dem Ende endet, sondern indem dieses Leben aufhört, beginnt ein neues, ein ewiges, wenn auch nicht immer ein seliges! Er hat mir Vernunft und alle Sinne gegeben. Verachtet das nicht, wie Gott der Herr durch äußerliche, von dir kaum beachtete Bewegungen, durch dein Gefühl, deinen Geruch-, deinen Tastsinn eine ganze Welt von Gedanken und Erinnerungen dir gibt, wie er durch jeden einzelnen, unscheinbaren dieser Leiter die größte Gabe dir verleiht! Jener alte Philosoph hat gesagt: Rede, damit ich dich sehe! Bei dem ersten Wort, das ein Mensch spricht, bekommt man einen Eindruck von ihm, nicht durch das, was er sagt, sondern vielmehr