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trage,“ hereingezogen und hereingenommen hat. Dort – Matth. 22 –, wo er sein Antlitz wendet gen Jerusalem um zu sterben, hat er das Wort von der sich durchs Kreuz vollziehenden Erhöhung gesprochen. Sonst wäre es auch gar nicht denkbar, daß die Gemeinde unter dem Kreuze zu hoffen beginnt, und daß von dem Kreuze her der Glaube seinen Anfang nimmt. Am Kreuze ist Jesus ja gestorben, und die Gemeinde hätte ihr gutes Recht zu sagen: „nun ist es vorüber, wieder eine Täuschung mehr und wieder ein Irrtum, der unser Leben beschattet.“ Aber am Kreuze, in der Stunde der Schwachheit und Erniedrigung, hebt der Glaube an, und seit der Zeit blicken wir mit den Augen des Glaubens zum Kreuze empor und sprechen: „Hilf uns!“ Zu einem Erniedrigten, zu einem selbst aller Hilfe Beraubten, zu einem dem Tode Ausgeantworteten und der Schmach Überlieferten spricht nun eine ganze Menge von Menschen: „erbarme dich unser!“ Habt ihr schon etwas Törichteres gehört? Das Wort vom Kreuz bleibt ein Ärgernis, aber denen, die es glauben, wird es eine Gotteskraft. Das Wort vom Tode Jesu bleibt ein Widersinn, aber denen, die Jesu Tod festhalten, ist er der Eingang ins Leben. Daß Gott sterben kann, ist eine Torheit, aber denen, die diese Torheit ins Herz nehmen, ist sie göttliche Weisheit. Darum: vom Kreuze geht die Erhöhung an.


I.

 „Aufgefahren gen Himmel!“ Über alles, was sichtbar ist, hoch erhaben über alles, was greifbar erscheint, weil entfernt von allem, was begreiflich sich geltend macht, ist unser Herr und Heiland aus der Sichtbarkeit in die Unsichtbarkeit, aus dem Lande des Scheines in die heilige, selige Wirklichkeit zurückgetreten. Seine Jünger sahen, wie er allmählich die Erde nicht mehr berührte, seine Füße nicht mehr auf der Erde weilten, sein verklärter Leib vom Raum nicht mehr gehalten ward. Sie sahen