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würde, da ward sein Name genannt Jesus“ (Luc. 2, 21). So verkündet uns das Evangelium mit hohen, herrlichen Klängen: „Gott ist Hilfe.“ Und wenn dein Leben längst die ersten Tage hinterlegt hat und du in den Kampf mit dem Feinde und in die Angst der Sünde und in den Streit, wie Luther sagt, mit dem alten Schadenfroh gelangt bist, und wenn du spürst, wie viele Wunden dir dieser alte, trotzige Feind geschlagen hat, so bleibt unter all den Lebenswandlungen, Lebensführungen und Lebensgängen das eine Wort stehen: „Gott ist Hilfe.“ Und wenn du durch einen Kirchhof gehst und die verwitterten Kreuze ansiehst und die verfallenen Steine betrachtest und kannst die Namen, die auf den mit Moos und Flechten überwucherten Steinen stehen, kaum mehr entziffern, und es erscheint dir der ganze Friedhof wie ein furchtbarer Akkord der Vergänglichkeit, wie der Hohn auf alles Bleibende und wie der Widerhall des furchtbaren, alle Ironie in sich schließenden Bekenntnisses von Eitelkeit und Vergänglichkeit, so steigt über diese verwitterten, kaum lesbaren und kaum deutbaren Zeichen der Name Jesus empor und statt des dich höhnenden Wortes der Nichtigkeit: „Es ist alles eitel!“ hört deine Seele die majestätische, ewige Wirklichkeit: „Jesus lebt, mit ihm auch ich. Tod, wo sind nun deine Schrecken?“ Das ist es: der Name heißt Jesus. Und wenn wir ihm andere, ja die höchsten Namen geben würden: Genie ohnegleichen, Talent ohne Grenzen, Heros allerhöchster Lobpreisung würdig, Märtyrer der Überzeugung – wenn wir alles, was wir an Huldigung, an Heeresfolge, an Anerkennung, an Lobpreis besitzen, auftürmen wollten, es würde das alles nicht an das eine schlichte Bekenntnis hinanreichen: „Gott ist Hilfe.“

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 Dieser Jesus, so fahren wir weiter, heißt Christus. Jesus hieß er, ehe die Welt ward; so wurde er genannt von den Lippen der Heiligen, den Chören der Seraphin; aber als er in die Menschheit hernieder kam, sein sorgenvolles, mit Dornen umzäuntes Wanderleben auf rauhem Pfade antrat, da nannten ihn etliche