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könnte nicht der Himmel triumphieren, und die Hölle nicht darob erschrecken und die Erde nicht darüber lobsagen: Christ fährt gen Himmel und zieht die Seinen nach sich!

 Die Allermeisten denken gar nicht weiter, was es heißt: für mich! Und welche unendliche Tiefe liegt in dem Wort: „ich, wenn ich erhöhet werde von der Erde, will ich sie alle zu mir ziehen.“ (Joh. 12,32) Ein Weinstock ohne Reben, ein Baum ohne Zweige, ein Zweig ohne Früchte – was wäre das? Jesus ohne seine Jünger, der Meister ohne das Werk seiner Hände, der Feldherr ohne die, die er erstritten hat.

 Das ist ja alles Leerheit, Torheit, Eigennutz und Selbstliebe. Nein, darum spricht deine Seele und jauchzt darüber: „du bist hingegangen, mir die Stätte zu bereiten und hast zu mir gesagt: in meines Vaters Haus sind viele Wohnungen (Joh. 14, 2); für dich und deine Sünde bin ich in den Tod gegeben, für dich und deine Heimat bin ich heimgekehrt, aufgefahren gen Himmel.“


III.

 Die Gemeinde weiß, daß von jetzt an seine Wirkungen so im Himmel wie auf Erden weitergehen. Gemeinde des Herrn, ich will dich etwas fragen: worin unterscheidet sich die Wirksamkeit des Herrn Jesus von der Wirksamkeit des Genies? Goethe wirkt auch weiter, Schiller wirkt auch weiter, Shakespeare wirkt weiter; jetzt in diesen Zeiten des Kampfes mit Italien greift mancher zu Dantes „Göttliche Komödie“, um sich zu sagen: aus diesem Volke dieser Mann und dieses Werk! Und so wirken sie weiter! Aber es wirken eben bloß ihre Ideen weiter, das, was sie einst in ihre Werke legten, oder, um es richtiger zu sagen, was Gott durch sie in ihre Werke legte. Die Ideen lösen sich ja ab, das kann man schon in äußerlichen Dingen sehen. Gar mancher zitiert Goethe und weiß es gar nicht. Sehr viele Leute führen häufig Schillersche Worte im Munde, und wenn man sie fragt, in