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 Von dannen er kommen wird! O, wie groß ist doch dein und mein Leben, wenn es sich gleich oft in Kleinigkeiten bemüht und verzehrt! O, wie gewaltig ist doch eine einzige Menschenseele, die nicht zur Ruhe kommen kann, bis der Herr sie besucht! Welch großer Ausblick in Völker- und Weltgeschichte, in Zeit- und Weltänderung ist es, zu wissen, daß nicht die Welt zu Ende und ihre Geschichte zur Neige geht, bis nicht der Herr das letzte Amen spricht: „siehe, ich habe alles vollendet!“

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 Er wird kommen! Jeder neue Tag, wenn das Morgenrot, die Frühröte die Ungewißheit des Tages umsäumt, ruft es dir und mir, ruft es der Gemeinde, die ausschaut, ruft es der sicher schlummernden Welt entgegen: Jesus kommt! Und wenn um den Mittag die Glocken läuten, und die Gemeinde sich zur kurzen Rast des Genusses begibt, so läuten sie dir und mir ins Ohr und ins Herz: „Jesus macht sich um den Mittag auf, er kommt!“ Und wenn die Schatten nieder von den Bergen ins Tal steigen, und über die Großstadt legt sich wie ein großes, dumpfes Schweigen die Nacht, und die Abendglocken heben an, zu tönen, und ein Meer von Klängen zittert hin über unsere Stadt, dann sollen doch wenigstens wir daran denken: „Lieber Mensch, was soll’s bedeuten, daß man tut die Glocke läuten!“ Und hinter dem Tode kommt der Lebensfürst. Es ist etwas Gewaltiges, daß der enteilende Tag, daß alle Welt, du und deine Umgebung, die ganze Weltgeschichte der Tatsache entgegeneilt und entgegengeht: „Jesus kommt.“ – Petrus schreibt in seinem zweiten Briefe, daß die Spötter sagen: „Seitdem die Väter entschlafen sind, bleibt es alles, wie es zuvor gewesen ist.“ (2. Petr, 3, 4.) Und ich meine, daß gar manch wohldenkender Christ über die letzten Dinge sich keine Gedanken macht; die Offenbarung bleibt ihm das Buch mit den sieben Siegeln, die Gesichte der Offenbarung sind höchst fragwürdige Träume, und ob der Heiland noch einmal kommen wird, läßt er dahingestellt. Aber – ein weltlicher Dichter sagt: