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er nicht mehr daran denkt um der Freude willen, daß ein Mensch noch einmal, ehe er scheidet, seine Gnade sucht.

 Das sind nicht fromme Lehren, das sind die in seinem Namen verankerten, in seiner Größe beschlossenen und dieselbe ausmachenden Herrlichkeiten des Herrn, der da mit dem Geiste der Beständigkeit gesalbt und gekrönt ist mit dem Geiste der Geduld.

 Nicht falsche Salbung, die mich abschreckt, nicht übergeistliche Weisheit, die mich verletzt, sondern rein menschliches Erbarmen, rein menschlich, weil echt göttlich; die Unmittelbarkeit ist es, die ihn sprechen läßt: „Darum bricht mir das Herz gegen ihn, daß ich mich sein erbarmen muß.“ (Jer. 31, 20.) Das hat ihm den Namen Christus erworben und verdient. Viele wahrhaft geistig Gesalbte sind über die Erde gegangen, aber in ihrer Größe lag etwas Fernendes, in ihrer Majestät etwas, was meine Seele erschreckt. „Da bist du, mein Heil, kommen und hast mich froh gemacht.“ Das ist die Salbung, die nur Eines in unseren Herzen erweckt: „Ach, daß ich dir näher wäre!“ Das ist die Majestät, die den Abstand vergessen und den Unterschied nicht achten läßt, denn er ward wie wir. Das ist die Salbung von oben, die sich nicht etwas vergab, da sie im Schmutz der Erde die verlorene Königsmünze suchte und unter Dornen den Verirrten fand.


II.
Wahrhaftiger Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren.

 Wir wissen nicht, wir verstehen es nicht, was das heißt: Vom Vater in Ewigkeit geboren. Aber vielleicht darf, nicht, damit wir das Geheimnis ausdrücken, sondern nur, damit es nicht verschwiegen wird, eine Hilfslinie gezogen werden. Wenn du recht klar und scharf und ernst denkst, so ist der aus deinem Haupte geborene, in deinem Herzen bewegte, in deinem Innern langsam ausgereifte Gedanke ein Teil von dir. Und je mehr ein Mensch